Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer erneuten gerichtlichen Vernehmung des Zeugen bei dessen nachvollziehbarer widerspruchsfreier Aussage in der Vorinstanz

 

Orientierungssatz

In einem Berufungsverfahren ist das Gericht dann nicht zu einer weitergehenden Sachaufklärung durch eine wiederholende Vernehmung desselben Zeugen verpflichtet, wenn dieser in der Beweisaufnahme vor dem Sozialgericht umfassend, inhaltlich ergiebig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar ausgesagt hat. Ist die für die gerichtliche Entscheidungsfindung erforderliche Tatsachenfeststellung im sozialgerichtlichen Termin umfassend und ergiebig getroffen worden, so bedarf es keiner erneuten Vernehmung des Zeugen. Soweit der Verfahrensbeteiligte mit seinem Antrag auf erneute Zeugenvernehmung eine an die Rechtsfolgen angepasste Tatsachenbekundung provozieren will, so rechtfertigt dies allenfalls die Strafverfolgung wegen versuchten Prozessbetrugs.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 20.03.2017; Aktenzeichen B 14 AS 329/16 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 17.11.2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Dem Kläger werden Kosten gemäß § 192 Sozialgerichtsgesetz in Höhe von 675,00 Euro auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist nach Auffassung des Klägers die Höhe der ihm vorläufig gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01,04.2012 bis zum 31.03.2013 (Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft des Klägers und der mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Zeugin T N; weiterer Hilfebedarf).

Der am 00.00.1961 geborene Kläger bewohnt langjährig mit der am 00.00.1962 geborenen Zeugin T N eine Mietwohnung.

Der Kläger steht seit dem 01.01.2005 im Bezug von Leistungen nach dem SGB II.

Um die Frage der Hilfebedürftigkeit des Klägers unter etwaiger Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der mit ihm in der selben Mietwohnung wohnenden Zeugin T N zu prüfen, forderte der Beklagte diese im Rahmen der Amtsermittlung erfolglos auf, ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu offenbaren. Dieses Bemühen blieb erfolglos. Daraufhin beendete der Beklagte gegenüber dem Kläger zum 31.03.2011 die Fortgewährung von SGB-II-Leistungen. Im Rahmen des dagegen unter dem Aktenzeichen S 38 AS 1698/11 ER anhängig gewordenen Verfahrens um einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht Duisburg (SG) verpflichtete sich der Beklagte zur vollständigen Erledigung dieses Rechtsstreits, SGB-II-Leistungen in Höhe eines zehnprozentigen Abschlags für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.2011 vorläufig zu gewähren und dem Kläger monatlich 328,00 Euro Regelleistungen und 195,00 Euro anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung vorläufig in Höhe von insgesamt 523,00 Euro zu zahlen. Mit Bescheid vom 07.07.2011 führte der Beklagte diesen Vergleich aus. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Schreiben vom 07.11.2011 beantragte der Kläger: "Überprüfung im Sinne des § 44 SGB X hinsichtlich des Bewilligungszeitraums rückwirkend ab April 2011 gebeten." Mit Bescheid vom 29.11.2011 lehnte der Beklagte eine Überprüfung des Bescheides vom 07.07.2011 ab. Es sei weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2012 zurückgewiesen. Dagegen hat der Kläger zum SG Klage erhoben (S 3 AS 867/12 /S 5 AS 707/15). Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme in der Sache S 5 AS 707/15 am 17.11.2015 hat das SG die Zeugin T N und den Zeugen H W, Vater des Klägers, vernommen. In der Terminsstunde ab 10:30 Uhr hat die Zeugin T N bekundet: 53 Jahre alt und von Beruf Altenpflegehelferin zu sein. Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Niederschrift verwiesen.

Der Zeuge H W hat bekundet: 77 Jahre alt und Bergmann in Rente zu sein. Desweiteren hat der Zeuge bekundet: Er gebe seinem Sohn ungefähr 200,00 Euro monatlich in bar. Das Geld solle der Kläger behalten. Das letzte Hemd habe ja keine Taschen. Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Niederschrift verwiesen. Sodann hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Einvernehmen mit dem Kläger im Termin vor dem SG am 17.11.2015 erklärt: "Ich erkläre die Klage für erledigt." Diese Erklärung wurde auf Tonträger aufgezeichnet, abgespielt und von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und vom Kläger genehmigt.

Unter Berücksichtigung der weiterhin ungeklärten Hilfebedürftigkeit des Klägers wegen fehlender Mitwirkung der Zeugin T N durch Angaben über ihre Vermögen- und Einkommensverhältnisse bewilligte der Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 21.02.2012 hin mit Bescheid vom 22.03.2012 auf der Grundlage der vergleichsweisen Regelung vor dem SG aus dem Jahre 2011 für den Bewilligungsabschnitt vom 01.04. bis zum 30.09.2012 weiterh...

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