Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Leistungspflicht der Krankenkasse für eine CMD. craniomandibuläre Dysfunktion des Kiefers. als kieferorthopädische Behandlung
Orientierungssatz
1. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert.
2. Die CMD - craniomandibuläre Dysfunktion - gehört nicht zu den in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgeführten Kieferanomalien, die den gesetzgeberischen Vorgaben entsprechen. Der umfassend geregelte Leistungsausschluss des § 28 Abs. 2 S. 6 SGB 5 gilt unabhängig von den Gründen, die im Einzelfall zu einer Behandlungsnotwendigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres geführt haben.
3. § 28 Abs. 2 S. 6 SGB 5 schließt, unabhängig von Art oder Ursache der zu behandelnden Kieferanomalie, jegliche kieferorthopädische Behandlung im Erwachsenenalter außerhalb der aufgeführten Ausnahmeregelungen aus.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 29.07.2013 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die 1982 geborene Klägerin Anspruch auf Erstattung der ihr für eine Behandlung im Rahmen der so genannten CMD-Kieferorthopädie bisher entstandenen Kosten bzw. auf Übernahme noch entstehender Kosten hat.
Die bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin beantragte bei der Beklagten Anfang April 2012 unter Vorlage eines funktionellen Heil- und Kostenplanes (des Kau-Schluckorgans/CMD-Kieferorthopädie) vom 26.03.2012/28.03.2012 die Übernahme der Kosten einer Behandlung durch den Facharzt für Kieferorthopädie (ganzheitliche Kieferorthopädie/CMD-Kieferorthopädie/Orthodontie/Spezialist für Kieferorthopädie der Universität A) Dr. S aus N i.H.v. 6.020,99 EUR. Dr. S nimmt nicht an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil.
Zur "Krankengeschichte/CMD" ist in dem Heil- und Kostenplan Folgendes ausgeführt:
2005
Beginn mit chronischer "Schlappheit"
2007
Chronische Nasennebenhöhlenentzündung, welche als Kopfschmerzen empfunden werden. Kortison hilfreich, jedoch keine Dauerlösung
2006 - 2009
Erschöpfungszustände, welche mit Konzentrationsschwächen verbunden sind und eine kontinuierliche Tätigkeit bis zu sechs Stunden ermöglichte, Aufsuchen diverser Allgemeinärzte, jedoch keine konkreten Befunde
2008
Neuraltherapie mit Spritzen in den Nacken bei C1 und im Bereich des Austritts des N. trigeminus II mit guter Wirkung für eine Woche, in zahnärztlicher Vorbehandlung einer craniomandibulären Dysfunktion
2011/2012 wegen Nacken-/Schulterschmerzen, chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen, Neurodermitis, Schlappheit, Kniebeschwerden
Als Krankheitsbilder werden aufgeführt:
Kieferbereich
Abrasion der Zähne, Bruxismus, Zähneknirschen, akute Parodontitis, Gingivaretraktion, Krankheiten des Parodonts durch Über- und Fehlbelastung (Okklusales Trauma), Pulpadegeneration durch okklusales Trauma, Wurzelresorptionen, Anomalien des Kiefer-Schädelbasis-Verhältnisses, transversale und vertikale Asymmetrie, Anomalien des Zahnbogenverhältnisses, Schwenkung des Bisses, zwanghafte Verschiebung der Mittellinie, Zahnstellungsanomalien, Rotationen, Kippungen mit abnormer Stellung derselben oder der benachbarten Zähne, fehlerhafte Okklusion, nicht näher bezeichnet, Okklusaler Zwangsbiss, traumatische Okklusionsabweichung, funktionelle dentofaziale Anomalien, abnormer Kieferschluss, fehlerhafte Okklusion mit Distalrotationen des UK und zwanghaftem abnormen Schluckakt, "Costensyndrom"/CMD, Craniomandibuläre Dysfunktion, Krankheiten des Zahnhalteapparates: irregulärer Alveolarfortsatz, Retraktion des Alveolarfortsatzes durch okklusales Trauma,
Cranio Vertebraler Bereich/CVD
Habituelle atlanto-axiale Subluxation mit Myelopathie, Spondylolisthesis: Okzipito-Atlanto-Axialbereich, Spondylolisthesis: Zervikalbereich; Spondylolisthesis: Zervikothorakalbereich, Radikulopathie, Wurzelneuritis, vertebragener Kopfschmerz, Rückenschmerz, Subluxation der Wirbelsäule, biomechanische Funktionsstörungen, Zervikalbereich, Zervikothorakal
Interdisziplinär
Kopfschmerzen vom Spannungstyp/Spannungskopfschmerzen, Mitochondriale Zythopathie/erworben durch Kopfgelenke-Instabilitäts-Syndrom, Nitrosativer Stress, Zervikalsyndrom.
Als Behandlungsmittel/Therapie für die Dauer von sechs Quartalen wird benannt: "CMD-Kieferorthopädie/Orthodontie, "Feste Klammer" auf der Basis der Qualitätsleitlinien I, II, III der Biofunktionellen Orthodontie (BFO) und Biofunktionalität nach Vorschriften der funktionellen Anatomie (Näheres: www.cmd-institut.de)."
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20.04.2012 ab. Dr. S sei kein zugelassener Kieferorthopäde. Deshalb könne er nicht direkt mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen und habe einen privaten Behandlungsplan erstellt. Aufgru...