Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. behinderter Mensch. berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme mit Internatsunterbringung im Berufsbildungswerk. Bezug von besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

 

Leitsatz (amtlich)

Der Leistungsausschluss des § 7 Abs 5 SGB 2 erfasst berufsfördernde Bildungsmaßnahmen, die speziell auf behinderte Menschen ausgerichtet sind und nicht behinderten Menschen nicht offen stehen, nicht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.02.2015; Aktenzeichen B 14 AS 25/14 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.01.2013 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 24.01.2013 und vom 27.03.2013 verurteilt, die dem Kläger in diesen Bescheiden für die Zeit vom 01.02.2013 bis zum 31.07.2013 als Darlehen bewilligten Leistungen als Zuschuss zu gewähren.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger auch während der internatsmäßigen Unterbringung während einer von der Beigeladenen geförderten berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) hat.

Der am 00.00.1988 geborene Kläger leidet an Beinvenenstörungen mit Fußheberschwäche und Fußverformung sowie einer depressiven Verstimmung. Er ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 und dem Merkzeichen "G" anerkannt. Er ist und war stets in der Lage, mindestens drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Er besitzt keinerlei Sparanlagen, Kapitallebensversicherungen und sonstige Vermögensgegenstände. Das auf seinem Girokonto befindliche Guthaben ging zu keinem Zeitpunkt über den Betrag von 300,- Euro hinaus.

Der Kläger bewohnte seit dem 01.08.2009 mit Zustimmung des Beklagten eine 40 m² große Wohnung in C, wo auch sein Vater mit seiner Lebensgefährtin und den Brüdern des Klägers lebt. Für die Wohnung hatte der Kläger nach dem Mietvertrag vom 12.07.2009 eine Nettokaltmiete von 300,- Euro, eine Betriebskostenvorauszahlung von 82,- Euro und eine Heizkostenvorauszahlung von 36,- Euro monatlich zu entrichten. Die Warmwasserbereitung erfolgte zentral über die Heizungsanlage. Seit dem 01.08.2009 erhielt der Kläger auch Arbeitslosengeld II von dem Beklagten in Höhe der gesetzlichen Regelleistung und der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung.

Der Kläger verfügt noch über keine Berufsausbildung. Im April 2011 beantragte er bei der beigeladenen Bundesagentur für Arbeit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Das von ihr eingeholte psychologische Gutachten befürwortete berufsvorbereitende Maßnahmen, die eine sehr intensive und engmaschige sozialpädagogische und fachdienstliche Begleitung gewährleisten sollten; hierbei sei an eine Unterbringung zu denken, die vom Lern- und Arbeitsbereich auch in den Wohn- und Freizeitbereich reiche. Die Beigeladene bewilligte zunächst eine Maßnahme zur Berufsfindung im Berufsbildungswerk N in S, die vom 16.08.2011 bis zum 27.10.2011 stattfand. Während dieser Berufsfindungsmaßnahme erhielt der Kläger weiterhin Arbeitslosengeld II u.a. in Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung für seine Wohnung in C.

Im Anschluss an die Berufsfindungsmaßnahme sollte der Kläger in der Zeit vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme Büro im Berufsbildungswerk N absolvieren. Hierbei handelt es sich nach dem Konzept des Berufsbildungswerks um eine speziell für junge Menschen mit Behinderung konzipierte und in den Abläufen dementsprechend gestaltete Maßnahme, die auf 38,5 Stunden wöchentlich angelegt ist. U.a. werden aufgrund der besonderen Erfordernisse junger Menschen mit Behinderungen fallweise Ärzte, Ergotherapeuten, Psychologen, Physiotherapeuten und andere Fachkräfte tätig. Etwaigem behinderungsbedingt erhöhten Platzbedarf wird Rechnung getragen. Berufsfachliche Unterweisung und Training sowie rehabilitative und pädagogische Interventionen ergänzen sich. Während der Maßnahme erfolgt eine internatsmäßige Unterbringung im Berufsbildungswerk, das auch die Verpflegung vollständig gewährleistet.

Mit Bescheid vom 13.01.2012 bewilligte die Beigeladene dem Kläger hierfür Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Gestalt von Ausbildungsgeld in Höhe von 104,- Euro monatlich und der Übernahme der Lehrgangskosten einschließlich der Kosten für Unterbringung und Verpflegung.

Auf Anfrage des Klägers zur Gewährung von Arbeitslosengeld II in Höhe der Kosten für seine Wohnung in C teilte ihm der Beklagte mit Schreiben vom 02.02.2012 mit, dass er als Empfänger von Ausbildungsgeld von dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Der Kläger trat daraufhin im Einvernehmen mit der Beigeladenen die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nicht an, woraufhin die Beigeladene ihr...

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