Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründungszuschuss. Anspruchsvoraussetzung. 150 Tage Restanspruchsdauer auf Arbeitslosengeld. Verlängerung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in der Corona-Pandemie nach § 421d SGB 3. zukünftiger ungewisser Zahlungsanspruch bzw Anwartschaft ausreichend. gesicherte Rechtsposition. kein tatsächlicher Zahlungsanspruch nötig. Eigentumsschutz
Orientierungssatz
Die Verlängerung des Anspruchs auf Arbeitslosengelds gem § 421d SGB 3 begründet eine Anwartschaft bzw gesicherte Rechtsposition, die für die Erfüllung der Voraussetzung eines noch 150 Tage betragenden Restanspruches auf Arbeitslosengeld gem § 93 Abs 2 S 1 Nr 1 Halbs 2 SGB 3 ausreicht. Ein konkreter Zahlungsanspruch muss nicht gegeben sein.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 06.12.2021 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2020 verurteilt, über den Antrag der Klägerin auf einen Gründungszuschuss ab 01.10.2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat der Klägerin erstinstanzlich die Hälfte der Kosten und im Berufungsverfahren die gesamten Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt einen Gründungszuschuss für eine selbständige Tätigkeit als Tagesmutter.
Die 0000 geborene Klägerin arbeitete seit dem Jahr 2011 als Führungskraft bei einem Recyclingunternehmen in W.. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung zum 12.10.2018. Die Beklagte bewilligte Arbeitslosengeld vom 04.01.2019 bis zum 02.10.2019. Über den Zeitraum vom 12.10.2018 bis zum 03.01.2019 entschied sie zunächst nicht, da sie den Eintritt einer Sperrzeit prüfte. Die Klägerin erhob gegen die Kündigung Klage bei dem Arbeitsgericht Köln. In diesem Verfahren schloss die Klägerin mit dem Arbeitgeber am 10.07.2019 einen Vergleich, durch den das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2019 endete. Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin das Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 14.08.2019 vom 01.12.2019 bis zum 30.11.2020.
Die Klägerin beabsichtigte, als Tagesmutter tätig zu sein und nahm vom 12.03.2019 bis zum 08.10.2019 erfolgreich an der Maßnahme "Qualifizierte Kindertagespflegeperson" teil. Ursprünglich wollte sie sich bereits zum 01.07.2020 selbständig machen. Sie beantragte dafür am 28.05.2020 einen Gründungszuschuss bei der Beklagten. Dem Antrag fügte sie einen Businessplan und eine Bescheinigung und Stellungnahme der Steuerberatungsgesellschaft Z... zur Tragfähigkeit der Existenzgründung bei. Die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit verzögerte sich jedoch, da aufgrund der Corona-Pandemie die notwendigen behördlichen Prüfungen nicht durchgeführt werden konnten. Die Beklagte zahlte das Arbeitslosengeld daher bis zum 30.09.2020 weiter.
Den Antrag auf den Gründungszuschuss lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2020 ab, da die Klägerin ihre Arbeitslosigkeit nicht zum 01.07.2020 beendet habe.
Mit Bescheid vom 25.09.2020 verlängerte die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf das Arbeitslosengeld gem. § 421d Abs. 1 SGB III vom 30.11.2020 bis zum 28.02.2021 um drei Monate. In der Begründung des Bescheides führte die Beklagte aus: "Sie erhalten eine Erhöhung der Anspruchsdauer um einmalig insgesamt 90 Tage im Rahmen des Gesetzes zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (Sozialschutz-Paket II). Die Erhöhung unterliegt der Bedingung, dass sich Ihre ursprüngliche Anspruchsdauer in der Zeit vom 01.05.2020 bis zum 31.12.2020 auf einen Tag gemindert hat.....Am 30.11.2020 wird die Bezugsdauer um 90 Tage erhöht."
Am 28.09.2020 beantragte die Klägerin erneut einen Gründungszuschuss. Sie plane nunmehr, die selbständige Tätigkeit zum 01.10.2020 aufzunehmen. Dies erfolgte auch, weshalb die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes mit Bescheid vom 29.09.2020 zum 30.09.2020 aufhob.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.10.2020 ab. Die Klägerin verfüge nicht mehr über einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 150 Tagen.
Den Widerspruch der Klägerin vom 28.10.2020 gegen den Bescheid vom 28.09.2020 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2020 zurück. Die Klägerin habe am 01.07.2020 ihre Arbeitslosigkeit nicht beendet, da sie die selbständige Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgenommen habe. Den Widerspruch vom 16.11.2020 gegen den Bescheid vom 15.10.2020 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2020 zurück. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 01.10.2020 keinen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 150 Tagen mehr gehabt. Auf den Änderungsbescheid vom 25.09.2020 mit der Verlängerung der Bezugsdauer um drei Monate könne sie sich nicht berufen, da die darin enthaltene Bedingung nicht eingetreten sei. Zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit habe sich die Anspruchsdauer nicht auf einen Tag gemindert.
Die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 28.09.2020 in der Gesta...