Entscheidungsstichwort (Thema)

Alg II. Mehrbedarf für Alleinerziehende

 

Leitsatz (redaktionell)

Beim Streit über Leistungen für Mehrbedarf beim Lebensunterhalt gemäß § 21 SGB II liegt ein eigenständiger Streitgegenstand vor.

Anspruchsinhaber des Mehrbedarfs für Alleinerziehende ist nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 SGB II die Person, die für die Erziehung und Pflege des Kindes sorgt, also nicht das jeweilige Kind selbst. Es ist nicht notwendig beizuladen.

Leisten zwei Elternteile die Pflege und Erziehung ihres Kindes im wöchentlichen Wechsel (und in dieser Zeit jeweils allein und unter Ausschluss des anderen Elternteils), sorgen sie insgesamt betrachtet gemeinsam für dessen Pflege und Erziehung. Damit ist keiner der Elternteile alleinerziehend im Sinne des § 21 Abs. 3 SGB II.

 

Normenkette

SGB II § 21 Abs. 3

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.03.2009; Aktenzeichen B 4 AS 50/07 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13.04.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Leistung für einen Mehrbedarf wegen alleiniger Erziehung und Pflege eines Kindes (im folgenden: Mehrbedarf für Alleinerziehende) gemäß § 21 Abs. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.

1. Die Klägerin ist am 00.00.1977 geboren. Ihre Tochter E wurde am 00.00.2002 geboren; sie ist aus der Ehe der Klägerin mit Herrn S P hervorgegangen. Die Ehe ist mittlerweile geschieden. Die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann leben seit dem Jahr 2005 in getrennten Wohnungen.

2. Seit Januar 2005 bezieht die Klägerin laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 05.01.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin und ihrer Tochter als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.02.2006 bis 31.07.2006. Die Beklagte gewährte - neben den Kosten für Unterkunft und Heizung - für diesen Zeitraum für die Klägerin die Regelleistung (345 EUR monatlich) und für die Tochter Sozialgeld (207 EUR monatlich). Der Klägerin bewilligte die Beklagte ferner einen Mehrbedarf für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs. 3 SGB II in Höhe von 124,00 Euro monatlich.

Mit Schreiben vom 14.03.2006 nahm der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seinen gegen den Bescheid vom 05.01.2006 erhobenen Widerspruch zurück.

3. Mit Ummeldebestätigung vom 22.03.2006 bestätigte die Meldebehörde den Umzug der Tochter der Klägerin in die Wohnung ihres Vaters zum 21.03.2006. Mit Bescheid vom 22.03.2006 nahm die Beklagte daraufhin eine "Änderung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes" nach dem SGB II vor. Für den Zeitraum vom 01.04.2006 bis 31.07.2006 hob die Beklagte die Bewilligung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende (§ 21 Abs. 3 SGB II) auf. Die Beklagte hob für diesen Zeitraum ferner die Bewilligung des Sozialgeldes in Höhe von 207 EUR monatlich auf. Wegen der weiteren Einzelheiten der Leistungsfestsetzung und -berechnung wird auf den Bescheid vom 22.03.2006 nebst Anlagen verwiesen. Der Bescheid vom 22.03.2006 enthält den Hinweis: "Folgende Änderungen sind eingetreten: Zum 01.04.2006 wurde der Tatbestand des Auszuges ihrer Tochter E zum leiblichen Vater berücksichtigt."

4. Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Zur Begründung legte sie eine "vorläufige Elternvereinbarung" vom 20.06.2006 vor. Nach dieser "Vorläufigen Elternvereinbarung" erziehe sie ihre Tochter in der Zeit, in der sie bei ihr wohne, nach wie vor allein, so dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 SGB II nach wie vor gegeben seien.

Die "Vorläufige Elternvereinbarung" vom 20.06.2006 hatte die Klägerin mit ihrem (geschiedenen) Ehemann im Zusammenwirken mit dem Jugendamt getroffen. In dieser "Vorläufigen Elternvereinbarung" heißt es (Auszug):

"1) Die Kindeseltern teilen sich die Betreuung ihrer Tochter jeweils zur Hälfte. Die Übergabe der Tochter erfolgt jeweils im wöchentlichen Wechsel am Montag um 16.00 Uhr. 2) Die Kindeseltern tauschen sich regelmäßig bei der Übergabe über die Belange ihrer Tochter aus. 3) Bezgl. der finanziellen Angelegenheiten wurden folgende Vereinbarungen getroffen. Hauptwohnsitz der gemeinsamen Tochter ist bei Herrn P. Nebenwohnsitz ist bei Frau P. Kindergeld und die anteiligen ALG II-Leistungen (Regelsatz derzeit 207 EUR) werden an Herrn P gezahlt. Pro Elternteil stehen 103,50 EUR für E zur Verfügung. Das Essensgeld des Kindergartens in Höhe von voraussichtlich 47 EUR wird von Herrn P beglichen und von dem Elternteil an Frau P hälftig abgezogen, so dass ein Betrag von 80 EUR an Frau P von Herrn P weitergegeben wird. 4) ... 5) Bezgl. Bekleidung und sonstigem Bedarf kauft jeder Elternteil die für ihre Tochter in ihrem Haushalt benötigten Dinge eigenverantwortlich ein. ( ...)"

Nach einem Aktenvermerk vom 30.05.2006 wies die Beklagte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin telefonisch darauf hin, d...

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