Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. MdE-Erhöhung gem § 56 Abs 2 S 3 SGB 7. besondere berufliche Betroffenheit. unbillige Härte. Ausbildungsdauer. Eigenart des Berufs. berufliche Spezialkenntnisse. Profirennreiter. höherer Jahresarbeitsverdienst gem § 82 SGB 7. Abgrenzung: unternehmerische Tätigkeit. abhängige Beschäftigung
Orientierungssatz
1. Ein 35 jähriger Profirennreiter, der wegen eines Arbeitsunfalls den Beruf eines Hochleistungssportlers nicht mehr ausüben kann, hat keinen Anspruch gem § 56 Abs 2 S 3 SGB 7 auf Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit, wenn alternative - überwiegend in sitzender Körperhaltung zu verrichtende - berufliche Tätigkeiten auch mit den als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsschäden erbracht werden können.
2. Ein Profirennreiter, der nicht nur für einen Auftraggeber, sondern für eine erhebliche Zahl von Trainern und Rennstallinhabern tätig war, eine feste Vergütung mit für Selbständige typischer Umsatzsteuerpflicht erhalten und sich selbst als Unternehmer versichert hat, ist eindeutig unternehmerisch tätig, so dass der Jahresarbeitsverdienst nicht nach § 82 SGB 7, sondern nach § 93 SGB 7 zu berechnen ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer höheren Verletztenrente wegen Zugrundelegung eines höheren Jahresarbeitsverdienstes (JAV, nämlich dem eines abhängig Beschäftigten), einer höheren medizinischen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins.
Der ... 1965 geborene Kläger hat sich als selbständiger landwirtschaftlicher Unternehmer (Art 754: Berufsrennreiter) für die Zeit ab März 1993 freiwillig bei der Beklagten versichert. Am 16.08.2000 erlitt er bei einem Pferderennen einen Arbeitsunfall und zog sich eine Halswirbelkörper 4/5-Luxationsfraktur mit inkomplettem rechtsbetonten cervikalen Querschnittssyndrom zu. Die Beklagte holte Gutachten ein von dem Neurologen und Psychiater Dr. B aus D vom 01.05.2001 sowie 17.07.2003 und von Chefarzt Privatdozent Dr. K, Ärztlichem Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken D-B, vom 04.05.2001 sowie 23.07.2003. Nach ambulanten Untersuchungen am 01.05.2001 und 17.03.2003 diagnostizierte Dr. B eine Teilquerschnittslähmung in Höhe der Halswirbelsäule mit schwerpunktmäßiger Lähmung des rechten Armes; der Arm sei in seiner Gebrauchsfähigkeit hochgradig beeinträchtigt, das linke Bein erheblich behindert, vom Ausmaß her allerdings weniger als der rechte Arm; des weiteren beständen Sensibilitätsstörungen und ein imperativer Harndrang. Die unfallbedingte MdE schätzte Dr. B mit 70 v. H. ein. Chirurgischerseits beschrieb Dr. K nach ambulanten Untersuchungen am 04.05.2001 und 17.07.2003 eine Verblockung des 4. und 5. Halswirbelkörpers, reizfreie Narbenbildung an der linken Halsvorderseite und eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, bewertete die dadurch bedingte MdE mit 20 v. H. und schätzte die unfallbedingte Gesamt-MdE mit 70 v. H. ein.
Außerdem zog die Beklagte Auskünfte von dem Rechtsanwalt R aus F/M vom 06.12.2001 und 02.01.2002 bei, der als ständiger Berater des deutschen Trainer- und Jockey-Verbandes erklärte, dass ihm trotz intimer Kenntnisse der Gepflogenheiten innerhalb des Rennsports derzeit nahezu kein Jockey bekannt sei, der in einem Angestelltenverhältnis zu einem Trainer oder Besitzer stehe; auch der Kläger habe sich selbst korrekt als Selbständiger eingeschätzt und frei über seine Ritte, seine Zeit sowie Ort und Dauer seiner Tätigkeit entscheiden können; selbstverständlich habe auch kein schriftlicher Arbeitsvertrag mit ihm bestanden.
Nach Zahlung von Verletztengeld bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 19.02.2002 ab 01.10.2001 vorläufige Rente und mit Bescheid vom 04.08.2003 und Widerspruchsbescheid vom 02.03.2004 endgültige Rente nach einer MdE um 70 v. H.; die Erhöhung wegen besonderen beruflichen Betroffenseins lehnte sie ab, und der JAV wurde auf der Basis einer selbstständigen Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer berechnet; als Unfallfolgen wurden anerkannt: Endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, Narbe an der linken Halsvorderseite, muskuläre Tonuserhöhung der rechten Hand und des rechten Armes mit motorischen Einbußen und Kraftminderung, Tonuserhöhung des rechten Beines mit eingeschränkter Kraftentfaltung der Fußhebung und -senkung nach Halswirbelkörper 4/5-Verrenkungsbruch bei noch liegendem Metall; hochgradig eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes und der rechten Hand, Empfindungsstörungen des linken unteren Körperviertels, bei Teilquerschnittslähmung in Höhe der Halswirbelsäule mit schwerpunktmäßiger Lähmung des rechten Armes sowie stark...