Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Geschäftsgebühr für ein Widerspruchsverfahren bei Beauftragung des Rechtsanwalts durch mehrere Auftraggeber
Orientierungssatz
1. Die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG stellt lediglich einen einzelnen Berechnungsfaktor der Kostenfestsetzung dar, aus dem sich die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs neben anderen Faktoren zusammensetzt. Die isolierte Festsetzung einer Erhöhungsgebühr sieht das Gesetz nicht vor.
2. Hat die Behörde in einem Bescheid entschieden, dass die Kosten eines abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach voll zu erstatten sind, dann ist die Behörde verpflichtet, die gesamten Kosten des Widerspruchsverfahrens auch dann zu übernehmen, wenn der Widerspruchsführer mit seinem Widerspruch nur zum Teil erfolgreich war. Das Gericht ist an die Kostengrundentscheidung der Behörde gebunden, vgl. BSG, Urteil vom 21. Dezember 2009 - B 14 AS 83/08 R sowie vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R.
3. Nach Nr. 1008 VV RVG erhöht sich der Mindest- und Höchstbetrag eines Gebührenrahmens je weiterem Auftraggeber um 3/10, höchstens bis zum Dreifachen, wenn Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen gewesen sind.
4. Nach gefestigter Rechtsprechung deckelt die Vorschrift der Nr. 1008 Abs. 3 VV RVG nur den Erhöhungsbetrag, der zum Ausgangsbetrag hinzu addiert wird, auf das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrags. Hat der Prozessbevollmächtigte sieben Auftraggeber in derselben Angelegenheit vertreten, so ist die Mindest- und Höchstgebühr für die Geschäftsgebühr jeweils um 180 % (6 x 30 %) zu erhöhen.
5. Kommt dem konkreten Widerspruchsverfahren eine unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so ist der Ansatz einer Geschäftsgebühr von 336.- €. unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze von bis zu 20 % noch billig.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.10.2011 geändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 21.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2011 verurteilt, den Klägern für das Widerspruchsverfahren W 2495/09 Kosten von 423,64 EUR zu erstatten. Der Beklagte trägt 70 % der außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der zu erstattenden Kosten für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) streitig.
Seit dem 11.09.2008 sind der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) verheiratet. Sie haben vier gemeinsame Kinder, die minderjährigen Kläger zu 3) bis zu 6). Der am 00.00.1997 geborene Kläger zu 7) ist das leibliche Kind der Klägerin zu 2). Seit dem 01.01.2006 wohnen die Kläger zusammen. Zeitweise lebten weitere Personen in Haushaltsgemeinschaft mit den Klägern in der Wohnung.
Im April 2008 beantragte die Klägerin zu 2) die Fortbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Durch Bescheid vom 29.04.2008 bewilligte die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagter) den Klägern zu 1) bis zu 6) Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06. bis 30.11.2008. Dem Kläger zu 7) gewährte er wegen fehlender Hilfebedürftigkeit keine Leistungen nach dem SGB II. In den nachfolgenden Änderungsbescheiden betreffend den Bewilligungszeitraum vom 01.06. bis 30.11.2008 wurde der Kläger zu 7) nicht in die Bedarfsgemeinschaft aufgenommen (Bescheide vom 20.05.2008, 29.08.2008, 04.07.2008, 04.08.2008, 28.07.2008, 06.08.2008, 12.09.2008, 08.10.2008). Durch Änderungsbescheid vom 17.10.2008 gewährte der Beklagte u. a. dem Kläger zu 7) neben den Klägern zu 1) bis zu 6) anteilig Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2008. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger, vertreten durch die Prozessbevollmächtigte, Widerspruch ein und begehrten u. a. die Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 650,00 EUR mtl. sowie die Übernahme weiterer Nebenkosten. Durch Widerspruchsbescheid vom 21.10.2009 verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.10.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.10.2008 wegen fehlender Beschwer als unzulässig. Die hiergegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht Köln - S 29 AS 231/09 - nahmen die Kläger am 16.08.2010 zurück.
Mit Schreiben vom 22.10.2008 beantragten die Kläger, vertreten durch die Prozessbevollmächtigte, die Übernahme eines Betriebs- und Heizkostennachforderung in Höhe von 3.845,80 EUR für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2007. Sie legten eine entsprechende Nebenkostenabrechnung der Vermieter vom 15.09.2008 vor.
Mit Bescheid vom 03.06.2009 übernahm der Beklagte die Nachforderung von Heiz- und Betriebskosten für den Abrechnungszeitraum vom 01.01. bis 31.12.2007 in Höhe von 947,82 EUR. Hiergegen legten die Kläger, vertreten durch die Prozessbevollmächtigte, Widerspruch ein (W 2495/09). Sie führten aus, dass mit dem angefochtenen Bescheid über ihren Antrag auf Zahlung der Heiz- und N...