Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hilfebedürftigkeit. Zusammenleben mit Verwandten in Haushaltsgemeinschaft. Vermutung von Unterstützungsleistungen. Vermögensverwertung. Bausparvertrag der Tochter
Orientierungssatz
Die Vermutung der Erbringung von Unterstützungsleistungen von in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten gemäß § 9 Abs 5 SGB 2 ist nur gerechtfertigt, wenn dies nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen erwartet werden kann. Ob und in welchem Umfang Vermögen zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus § 7 Abs 2 AlgIIV 2008. Nach der Vorschrift ist Vermögen nicht zu berücksichtigen, das nach § 12 Abs 2 SGB 2 abzusetzen oder nach § 12 Abs 3 SGB 2 nicht zu berücksichtigen ist. Für das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke in den Vorschriften des SGB 2 bzw der AlgIIV 2008 besteht kein Anhaltspunkt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10.01.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich im Berufungsverfahren noch gegen die Rücknahme und Erstattung von nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zunächst gewährten Grundsicherungsleistungen wegen nicht angegebenen Vermögens. Betroffen ist die Zeit vom 02.04. bis 30.09.2013. Erstattet verlangt wird ein Betrag von insgesamt 3.814,83 EUR.
Die am 00.00.1970 geborene Klägerin bewohnte zumindest seit 01.01.2013 zusammen mit ihrem Ehemann und den gemeinsamen Kindern T, geboren am 00.00.1997, und L, geboren am 00.00.2010, ein im Eigentum der Klägerin und ihres Ehemannes stehendes Hausgrundstück (Wohnfläche ca. 141 qm, Grundstücksfläche: ca. 211 qm). Für das Objekt fielen monatliche Schuldzinsen i.H.v. 251,47 EUR, ein Heizkostenabschlag von 53,00 EUR und sonstige monatliche Nebenkosten i.H.v. 145,65 EUR, zusammen 450,12 EUR an. Der Ehemann der Klägerin ist verstorben; ausweislich der Sterbeurkunde trat der Todeszeitpunkt in der Zeit zwischen 29.03.2013 und 01.04.2013 ein.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin gab zum 31.12.2012 eine sich nicht rentierende selbständige Tätigkeit auf, die Klägerin befand sich in Elternzeit und hatte kein Einkommen, so dass der Familie ab dem 01.01.2013 zunächst nur Einkommen in Form von Kindergeld i.H.v. 2 x 184,00 EUR zur Verfügung stand. Zum 12.03.2013 nahm der Ehemann der Klägerin eine abhängige Beschäftigung auf, das Einkommen floss im April 2013 zu (949,02 EUR brutto bzw. 598,96 EUR netto). Die Klägerin übernahm auf Bitten ihres Arbeitsgebers während der Elternzeit eine befristete Tätigkeit (14.01.2013 bis 31.03.2013). Aus dieser Tätigkeit floss ihr das Einkommen aus März 2013 im April 2013 i.H.v. 968,23 EUR brutto, entspricht 772,90 EUR netto, zu.
Die Klägerin verfügte während der Streitzeit über Vermögen in Form eines Bausparvertrages bei der X (X) mit einem Wert zum 01.04.2013 von 464,62 EUR, zum 01.05.2013 und in den Folgemonaten i.H.v. 498,88 EUR; ferner unterhielt sie ein Aktiendepot bei der F Bank. Auf diesem befanden sich C Fondanteile mit einem Wert von 831,98 EUR, ferner 157 A Aktien, deren Wert in der Zeit zwischen dem 01.04. und 30.09.2013 zwischen 6.571,24 EUR und 8.368,83 EUR schwankte. Es gab in einzelnen Monaten noch geringes Guthaben auf den der Klägerin zuzurechnenden Girokonten.
Die Tochter T verfügte während der gesamten Streitzeit über einen Bausparvertrag bei der X mit einem Wert von 5.293,45 EUR. Das Guthaben ist von der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann über einen langen Zeitraum in monatlichen Raten angespart worden. Die letzte Ratenzahlung erfolgte im Januar 2013 i.H.v. 50,00 EUR. Die Bausparverträge waren binnen einer Frist von 6 Monaten kündbar, die angesparten Beträge wären dann ausgekehrt worden.
Am 03.01.2013 beantragte der verstorbene Ehemann der Klägerin in Absprache mit dieser für sich und seine Familie Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Er machte in der Anlage VM des Formantrags Angaben zum Vermögen der vorgenannten Bedarfsgemeinschaftsmitglieder. Er beantwortete unter anderem die Frage 2.4: "Besitzen Sie oder eine in der Bedarfsgemeinschaft lebende Person Sparbriefe/sonstige Wertpapiere (z.B. Aktien, Fond-Anteile u.a. usw.)?" mit "Nein". Ebenfalls mit "Nein" beantwortete er die Frage 2.6: "Besitzen Sie oder eine in der Bedarfsgemeinschaft lebende Person Bausparverträge?".
Auf Grundlage dieser Angaben und weiterer hereingereichter Belege bewilligte der Beklagte der Klägerin, ihrem verstorbenen Ehemann und den gemeinsamen Kindern mit Bescheid vom 01.02.2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 19.03.2013 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Die Leistungsbewilligung wurde anlässlich der Tätigkeitsaufnahme des verstorbenen Ehemannes mit Bescheid vom 21.03.2013 für die Zeit ab 01.04.2013 ganz aufgehoben. Mit Bescheid vom selben Tage kam es zun...