Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. teilstationäre Dialyse. vollstationäre Aufnahme in ein anderes Krankenhaus noch am selben Tag. Verlegungsabschlag. Anwendbarkeit der § 1 ff FPVBG 2016. Behandlung iSd § 3 Abs 2 S 2 FPVBG 2016

 

Orientierungssatz

1. Die Regelungen zur Berücksichtigung des Verlegungsabschlags im ersten Abschnitt der Fallpauschalenvereinbarung 2016 (juris: FPVBG 2016) setzen voraus, dass sowohl die Behandlung im abgebenden als auch im aufnehmenden Krankenhaus unter das Vergütungssystem der Diagnosis Related Groups (DRG) fällt.

2. Die Regelungen zur Berücksichtigung des Verlegungsabschlags im ersten Abschnitt der FPVBG 2016 sind auch bei teilstationär erbrachten Leistungen (hier: Dialyse) anwendbar.

3. Eine Behandlung iSd § 3 Abs 2 S 2 FPVBG 2016 kann auch mehrere, zeitlich durch Aufnahme, Entlassung und Wiederaufnahme voneinander getrennte Behandlungsabschnitte im verlegenden Krankenhaus umfassen. Eine Differenzierung zwischen einmaligen, nicht unterbrochenen Behandlungen einerseits und zu einer Behandlung zusammengefassten, zeitlich voneinander getrennten mehreren Behandlungsschritten andererseits geht aus § 3 FPVBG 2016 nicht hervor (vgl BSG vom 6.3.2012 - B 1 KR 15/11 R = SozR 4-5562 § 9 Nr 3 RdNr 18 ff).

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 16.12.2020 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, 1.136,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.12.2019 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 1.136,12 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für eine vollstationär durchgeführte Krankenhausbehandlung.

Die Beklagte ist Trägerin des nach §§ 108, 109 (Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung, nachfolgend: SGB V) zugelassenen A Hospitals in R. In der Zeit vom 17.12.2016 bis zum 22.12.2016 wurde dort der bei der Klägerin versicherte Patient T (nachfolgend: der Versicherte) aufgrund einer rapiden Verschlechterung seines Allgemeinzustands bei akutem fieberhaften Harnwegsinfekts und hypoglykämischer Entgleisung vollstationär behandelt. Aufgrund einer bestehenden chronischen Niereninsuffizienz nahm der Versicherte seit Februar 2016 an einem Dialyseprogramm des ebenfalls nach §§ 108 f SGB V zugelassenen K-Hospitals in V teil und erhielt in diesem Rahmen mehrfach wöchentlich - in der Regel in einem zwei-Tages-Rhythmus - Dialysebehandlungen. Gegenüber der Klägerin rechnete das K-Hospital teilstationäre Dialysebehandlungen des Versicherten (Diagnosis Related Groups [DRG] L90C) ua für den Zeitraum vom 01.10.2016 (Aufnahmetag) bis zum 31.12.2016 (Entlassungstag) ab.

Auch am 17.12.2016 erhielt der Versicherte vormittags eine mehrstündige Dialysebehandlung. Am späten Abend des 17.12.2016 erfolgte sodann die notfallmäßige Aufnahme in das Krankenhaus der Beklagten.

Unter Angabe der DRG K60E (Diabetes mellitus mit schweren CC oder mit komplexer Diagnose, Alter ≫ 15 Jahre, mehr als ein Belegungstag) stellte die Beklagte der Klägerin am 29.12.2016 für die erbrachten Leistungen 3.063,80 EUR in Rechnung. Die Forderung brachte die Klägerin im Januar 2017 zunächst vollständig zum Ausgleich.

Im Dezember 2019 forderte die Klägerin von der Beklagten - erfolglos - die Erstattung eines Betrages in Höhe von 1.136,12 EUR. Zur Begründung ihres Rückforderungsbegehrens führte die Klägerin aus, dass unter Berücksichtigung der noch am Tag der Aufnahme erbrachten teilstationären Dialysebehandlung ein Verlegungsabschlag in entsprechender Höhe in Abzug hätte gebracht werden müssen.

Die Klägerin hat am 23.12.2019 Klage erhoben.

Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass mit Blick auf die teilstationäre Dialysebehandlung im K-Hospital am 17.12.2016 und die am gleichen Tag erfolgte Notfallaufnahme im Krankenhaus der Beklagten von einer Verlegung im Sinne des § 1 Abs 1 Satz 4 Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2016 (Fallpauschalenvereinbarung - FPV) auszugehen sei. Gemäß § 3 Abs 2 Satz 1 FPV sei von dem aufnehmenden Krankenhaus im Falle der Verlegung aus einem anderen Krankenhaus ein Abschlag entsprechend den Vorgaben des Absatzes 1 vorzunehmen, wenn die im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesene mittlere Verweildauer im aufnehmenden Krankenhaus unterschritten werde. Die FPV mache insoweit keinen Unterschied zwischen teilstationärer und vollstationärer Behandlung, sodass auch eine Verlegung von einer teil- in eine vollstationäre Behandlung erfasst werde. Die Beklagte habe die DRG K60E (Diabetes mellitus mit schweren CC oder mit komplexer Diagnose, Alter ≫ 15 Jahre, mehr als ein Belegungstag) abgerechnet, welche eine mittlere Verweildauer von 9,3 Tagen habe. Der stationäre Aufenthalt habe hier fünf Belegtage umfasst, sodass die mittlere Verweildauer ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge