Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen. Betreuung durch den Integrationsfachdienst. Beratung und Vermittlung. Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. keine sonstige Hilfe. Pauschalierung. tatsächliche Teilnahme
Orientierungssatz
1. Bei der einjährigen Betreuung durch den Integrationsfachdienst handelt es sich um eine "Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB 9 iS des § 21 Abs 4 S 1 SGB 2 und nicht um eine "sonstige Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben".
2. Es ist unerheblich, ob tatsächlich ein Mehrbedarf durch zusätzliche Kosten angefallen ist, denn § 21 Abs 4 SGB 2 gewährt pauschalierend eine Erhöhung der Regelleistung, wenn nach allgemeinen Umständen ein Mehrbedarf zu erwarten ist.
3. Für die Bejahung eines Mehrbedarfs genügt nicht, dass möglicherweise ein Anspruch auf eine Teilhabeleistung oder eine Leistung der Eingliederungshilfe besteht. Die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf sind erst erfüllt, wenn der Berechtigte an einer Integrationsmaßnahme des § 33 SGB 9 tatsächlich teilnimmt (vgl BSG vom 25.6.2008 - B 11b AS 19/07 R = BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1 und LSG Berlin-Potsdam vom 24.11.2008 - L 29 B 414/08 AS NZB).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.05.2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu tragen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob der Kläger einen Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 beanspruchen kann.
Der 1960 geborene Kläger, dem rückwirkend ab dem 01.04.2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden ist, ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 90. Das Merkzeichen "G" ist nicht anerkannt. Der Kläger bezog ab Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit der Heirat am 00.09.2006 bewilligte die Beklagte ihm und seiner Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft Leistungen, wobei die Beklagte bei der Höhe der Leistungen zunächst auch einen Mehrbedarf für den Kläger gemäß § 21 Abs. 4 SGB II zugrunde gelegt hat, der sich zuletzt auf monatlich 109,00 Euro belief.
Am 29.05.2006 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung. Unter 1. Leistungen und Pflichten der Vertragsparteien heißt es:
"a) Arbeitsgemeinschaft L: Übernahme Kosten IFD, ebenso Kostenübernahme bei möglichen Bildungsgutscheinen.
b) Herr X X: Kontakt herstellen zu IFD bis 10.6.2006, Aufnahme in Betreuung nachweisen, Bereitschaft Fortbildungsmaßnahmen nach Vorschlag IFD oder ArGe L wahrzunehmen."
Unter 2. Rechtsfolgen bei Nichterfüllung der Rechte und Pflichten ist Folgendes geregelt: "[ ...] b. Herrn X X: Erfüllt Herr X X die vereinbarten Pflichten nicht und weist insbesondere keine Eigenbemühungen nach, treten die gesetzlich vorgeschriebene Rechtsfolgen ein. [ ...]"
Unter 3. Schadensersatzpflicht bei Abbruch einer Bildungsmaßnahme ist aufgeführt: "Herr X X verpflichtet sich zur Zahlung von Schadensersatz, wenn er die Maßnahme aus einem von ihm zu vertretenden Grund nicht zu Ende führt. [ ...]"
In der Rechtsfolgenbelehrung wird u.a. über die Möglichkeit der Absenkung der Regelleistung informiert.
In der Zeit vom 01.07.2006 bis zum 30.06.2007 betreute der Integrationsfachdienst den Kläger mit dem Ziel der Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis. Dazu sprach der Kläger nach Vereinbarung in diesem Zeitraum dort zweimal monatlich vor. Mit Bescheid vom 01.12.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 in Höhe der Regelleistung, insgesamt 622,00 EUR, zuzüglich Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung, die sich auf insgesamt 411,90 EUR beliefen. Einen Mehrbedarf gewährte sie dem Kläger nicht mehr. Mit Bescheid vom selben Tag senkte die Beklagte für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.03.2007 die Regelleistung bezüglich der Ehefrau des Klägers in Höhe von monatlich 93,00 EUR ab.
Gegen diese Bescheide legten der Kläger und seine Ehefrau Widerspruch ein. Zur Begründung eines Mehrbedarfs trug der Kläger vor, er sei wie bisher schwerbehindert und habe sich beim Integrationsfachdienst regelmäßig gemeldet und die Beratungsgespräche wahrgenommen. In diesem Zusammenhang wies er auf eine beigefügte Bescheinigung der Fachberaterin Frau Q vom 07.11.2006 hin. Hinsichtlich der Absenkung der Regelleistung führte er aus, dass diese rechtswidrig sei. Seine Ehefrau habe sich nicht geweigert, eine zumutbare Arbeit auszuführen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Absenkung und die Ablehnung der Gewährung eines Mehrbedarfs für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige zurück. Sie führte zur Begründung aus, ein A...