Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei der Einlegung eines Rechtsmittels genügt eine einfache E-Mail den Anforderungen an die elektronische Form nach § 86 Abs. 2 S. 1 SGB 1 nicht

 

Orientierungssatz

Nach § 36a SGB 1 ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Eine einfache E-Mail genügt nur dort, wo das Gesetz ausdrücklich das Begriffspaar "schriftlich oder elektronisch" verwendet. Eine isoliert gescannte Unterschrift genügt nicht.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.12.2020; Aktenzeichen B 14 AS 199/20 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 1.8.2019 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Ergebnis die Übernahme zusätzlicher Umzugskosten; zuvörderst wehrt er sich aber gegen die Zurückweisung eines Widerspruchs als unzulässig.

Der Kläger lebte zunächst in S, musste aber seine dortige Wohnung aufgeben. Seine Möbel und seine Habseligkeiten lagerte der Kläger in S ein. Über einen Facebook-Aufruf sei es ihm gelungen, in D ein Dachgeschoss mieten zu können. Dort sei es nicht groß genug für seine Möbel gewesen, so dass diese weiter in S eingelagert blieben. Auch diese Wohnung habe er wegen Nichtzahlung der Miete später verloren. Zunächst habe das Jobcenter S die Einlagerungskosten getragen, nach dem Umzug nach D sei diese Zahlung durch das Jobcenter S allerdings eingestellt worden, ohne dass ihm dies mitgeteilt worden sei. Der Vermieter des Lagerraums habe den Lagerraum gekündigt und ihn zur Räumung unter Androhung der Ausübung des Pfandrechts aufgefordert. Durch die Unterstützung von Freunden habe er die aufgelaufenen Kosten für den Lagerraum begleichen können und am 8.2.2018 diesen geräumt. Am letzten Tag der Räumungsfrist sei der Lagerraum mithilfe eines Umzugsunternehmens geräumt worden. Er selbst sei mit dem Zug von D nach S gefahren, dafür seien Kosten in Höhe von 34,40 EUR angefallen. Allerdings sei - nach Einschätzung des Klägers - gegen Nachmittag zu befürchten gewesen, dass der vom Umzugsunternehmer kalkulierte Raum im Umzugs-Lkw nicht ausreichend sei. Daher sah der Kläger sich gezwungen, bei einer Autovermietung einen zusätzlichen Transporter one-way nach D zu mieten. Seine Versuche, gegen 16:00 Uhr noch das Jobcenter S wegen einer Zusicherung zu erreichen, seien erfolglos geblieben.

Am 8.5.2018 beantragte er bei dem Beklagten die Übernahme der Mietkosten für den Transporter i.H.v. 500,89 EUR und zusätzlich von Treibstoffkosten i.H.v. 50,71 EUR.

Mit Bescheid vom 6.7.2018 lehnte der Beklagte die Übernahme ab. Dagegen richtete sich der Widerspruch vom 7.8.2018, verfasst als E-Mail-Nachricht mit dem Absender: x@gmail.com, abschließend versehen mit dem ausgeschriebenen Namen des Klägers und folgendem: "Dieses Schreiben ist elektronisch erstellt und ist rechtsgültig und ist dann auch rechtswirksam. Gegen diesen Bescheid können sie Widerspruch einlegen beim Sozialgericht Düsseldorf ".

Mit Schreiben vom 13.8.2018 forderte der Beklagte den Kläger auf, den Widerspruch schriftlich und unterschrieben einzureichen. Nachdem dies nicht geschah, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.8.2018 als unzulässig zurück. Er vertrat die Auffassung, ein Widerspruch mit einer einfachen E-Mail sei nicht zulässig, weil nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden könne, ob die betreffende E-Mail vollständig und richtig übermittelt worden sei und ob sie tatsächlich von dem in ihr angegebenen Urheber stamme.

Dagegen hat der Kläger am 12.9.2018 bei dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben. Der Kläger ist der Auffassung, er habe den Widerspruch fristgerecht per E-Mail eingereicht. Nach seiner Auffassung ist ein Widerspruch per E-Mail formgerecht; vom Jobcenter D sei ein solcher Widerspruch akzeptiert worden. Der Kläger ist der Auffassung, dass eine E-Mail mit einem Telegramm vergleichbar sei; dies ergebe sich aus europäischem und belgischem Recht. Nach Auffassung des Klägers genüge es, wenn die andere Seite auf ein Schreiben reagiere; auf die Form komme es dann nicht mehr an. Dies sei hier durch den Beklagten geschehen. Das Dokument sei von der E-Mail-Adresse versandt worden, die ständig von ihm benutzt werde; bereits zuvor habe der Beklagte auf E-Mails von ihm reagiert. Aus dem Inhalt ergebe sich eindeutig, dass die Mail von ihm stamme. Auch eine Unterschrift biete keine absolute Sicherheit der Echtheit, denn auch eine anderer könne unterschreiben.

Nach vorheriger Anhörung mit Schreiben vom 13.5.2019 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1.8.2019 abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der vom Kläger eingelegte Widerspruch mit einfacher E-Mail genüge den Anforderungen des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht. Merkmal der Schriftform sei die eigenhändige Unterschr...

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