Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücküberweisung von für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf dessen Konto überwiesenen Rentenleistungen durch das Geldinstitut bei durchgehend im Soll befindlichen Konto und Gewährung eines Dispositionskredits. Abhebungen mittels Bank-/EC-Karte. Verfassungs- bzw Europarechtmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Zur Rücküberweisung von für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf dessen Konto überwiesenen Rentenleistungen durch das Geldinstitut bei durchgehend im Soll befindlichen Konto und Gewährung eines Dispositionskredits sowie Abhebungen mittels Bank-/EC-Karte.

2. § 118 Abs 3 SGB 6 ist verfassungs- und europarechtlich nicht zu beanstanden.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 05.04.2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten auch im Berufungsverfahren.

Der Streitwert wird auf 2.154,64 Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin einen Betrag in Höhe von 2154,64 € zu erstatten hat, der ihr nach dem Tod der Leistungsberechtigten T L (im Folgenden: Leistungsberechtigte) zugeflossen ist.

Die am 24.05.2006 verstorbene Leistungsberechtigte bezog von der Klägerin eine Altersrente sowie eine Hinterbliebenenrente in Höhe von zuletzt monatlich zusammen 2154,64 € netto (798,36 € + 1356,28 €) bzw. 2.208,51 € brutto (818,32 € + 1390,19 €). In Höhe von insgesamt 2208,51 € wurden die Renten auch nach ihrem Tod noch für den Monat Juni 2006 auf ihr Konto, für das ein Dispositionskredit in Höhe von 5200,- € eingeräumt war, bei der Beklagten überwiesen.

Unmittelbar vor Eingang der Renten für Juni 2006 am 31.05.2006 (5.46 Uhr) befand sich das Konto unter Zugrundelegung der von der Beklagten vorgelegten Kontoauszüge valutarisch mit 4869,38 € im Soll. Nach Eingang der Renten am 31.05.2006 wurden auf dem Girokonto folgende Buchungen vorgenommen:

31.05.2006 (11.08 Uhr)

Auszahlung PB-Card (PIN)

250,00 € -

31.05.2006 (13.20 Uhr)

Gutschrift

189,13 € +

01.06.2006

Auszahlung PB-Card (PIN)

1500,00 € -

01.06.2006

Dauerauftrag

7,50 € -

01.06.2006

Lastschrift

20,82 € -

01.06.2006

Dauerauftrag

35,00 € -

01.06.2006

Lastschrift

49,87 € -

01.06.2006

Dauerauftrag

75,96 € -

01.06.2006

Lastschrift

110,00 € -

06.06.2006

Lastschrift

19,10 € -

06.06.2006

Auszahlung PB-Card (PIN)

250,00 € -

09.06.2006

Auszahlung PB-Card (PIN)

250,00 € -

13.06.2006 (13.47 Uhr)

Lastschrift

14,50 € -.

Mit einem nach Angaben der Beklagten bei dieser am 13.06.2006 eingegangenen Schreiben forderte die Klägerin von der Beklagten die überzahlten (Netto-)Rentenbeträge für den Monat Juni 2006 in Höhe von 2154,64 € zurück. Am 13.06.2006 befand sich das Konto der Leistungsberechtigten - je nachdem, um welche Uhrzeit das Rentenrückforderungsverlangen der Klägerin bei der Beklagten einging - mit 5054,49 € oder 5039,99 Euro im Soll. Die Beklagte lehnte eine Rückzahlung unter Hinweis darauf ab, dass insoweit über den Rentenbetrag anderweitig verfügt worden sei. Sie versicherte, keine eigenen Forderungen mit dem Restbetrag verrechnet zu haben.

Weitere Rückforderungsersuchen der Klägerin (in Höhe des Gesamtbetrages von 2154,64 €) lehnte die Beklagte unter Hinweis auf den von ihr geltend gemachten Entreicherungseinwand ab.

Am 28.09.2006 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Dortmund, welches den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Köln verwiesen hat, unter Bezugnahme auf § 118 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Leistungsklage erhoben, mit der sie die Zahlung eines Betrages in Höhe von 2154,64 € begehrt hat. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich insoweit nicht darauf berufen, dass über die Rentenleistungen im Sinne des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI anderweitig verfügt worden sei. Da sich das Konto der Leistungsberechtigten bei Eingang der Rente mit 4869,38 € im Soll befunden habe, habe die Beklagte die Geldleistung insoweit zum Ausgleich des Kontos und damit zur Befriedigung eigener Forderungen verwendet.

Das Sozialgericht Köln hat die Beklagte antragsgemäß mit Urteil vom 05.04.2007 verurteilt, an die Klägerin 2154,64 € zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen unter Bezugnahme auf Entscheidungen des BSG (Urteile vom 09.04.2002 - B 4 RA 64/01 R -, vom 14.11.2002 - B 13 RJ 7/02 -, vom 08.06.2004 - B 4 RA 42/03 R - und vom 07.10.2004 - B 13 RJ 2/04 R -) ausgeführt, dass die Beklagte nach § 118 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB VI verpflichtet sei, den überzahlten Rentenbetrag in Höhe von 2154,64 € zu erstatten, ohne sich nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI auf den Einwand der Entreicherung berufen zu können. Da sich das Konto der Leistungsberechtigten bei Eingang der Rentenzahlung in dieser Höhe im Soll befunden habe, habe die Beklagte den überwiesenen Betrag zur Befriedigung eigener Forderungen aus dem der Leistungsberechtigten eingeräumten Überziehungskredit verwendet. Ein Verstoß gegen das Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI liege bereits dann vor, wenn der Beklagten aus dem überwiesenen Re...

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