Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit
Orientierungssatz
Lediglich für die erstmalige Entstehung des Krankengeldanspruchs ist die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) nach § 46 S 1 Nr 2 SGB 5 erforderlich, während es bei durchgehender AU allein darauf ankommt, ob im gesamten Zeitraum objektiv AU bestanden hat (Entgegen BSG vom 22.3.2005 - B 1 KR 22/04 R = BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr 6 und BSG vom 8.11.2005 - B 1 KR 30/04 R = BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 14.01.2013 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit vom 20.12.2011 bis 22.12.2011 und vom 01.01.2012 bis 22.09.2012 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld (Krg) vom 20.12. - 22.12.2011 und über den 01.01.2012 hinaus bis zum 22.09.2012.
Die Beklagte ist die Rechtsvorgängerin der früheren BKK T, mit der sie zum 01.01.2013 fusioniert hat. Der Kläger war Mitglied der BKK.
Der 1960 geborene Kläger war zuletzt als Hochdruckarmaturenschlosser beschäftigt; dieses Beschäftigungsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31.10.2011.
Der Kläger war ab dem 29.08.2011 wegen Lumboischialgie (ICD-10: M54.4) arbeitsunfähig (au) erkrankt, die der Orthopäde Dr. Q festgestellt hatte. In einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 17.11.2011 wurde festgestellt, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit beinhalte regelhaft körperlich schwere Arbeiten. Diese seien dem Versicherten aufgrund der schmerzhaften Minderbelastbarkeit des Achsorgans sicher nicht mehr zuzumuten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei nicht leidensgerecht, es liege eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor, so dass die medizinischen Voraussetzungen des § 51 SGB V vorlägen. Aus medizinischer Sicht sei der Kläger auf Zeit arbeitsunfähig.
Die Beklagte zahlte nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung ab dem 10.10.2011 Krankengeld i.H.v. 52,49 EUR brutto/43,36 EUR netto. Die Zahlung erfolgte im Auszahlscheinverfahren, wobei Zahlungen monatsweise nachträglich erfolgten. Die Zahlung für den Zeitraum vom 10.10. bis 16.11.2011 erfolgte am 21.11.2011, die Zahlung für den Zeitraum 17.11. bis 05.12.2011 am 19.12.2011 und die abschließende Zahlung für den Zeitraum 06.12. bis 19.12.2011 am 27.12.2011. Die Beklagte hatte zu Beginn der Krg-Zahlung dem Kläger ein Informationsblatt übersandt, in dem es unter anderem unter der Überschrift "Einreichen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" heißt: "Die Zahlung von Krankengeld setzt voraus, dass sie ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lückenlos und unverzüglich bei der T BKK einreichen. "Lückenlos" bedeutet, dass die folgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am letzten Tag der vorherigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt sein soll. Dieses Verfahren gilt auch bei Benutzung des Krankengeld-Auszahlscheins".
Dr. Q bescheinigte auf einem Auszahlschein vom 05.12.2011 Arbeitsunfähigkeit (AU) bis 19.12.2011. Unter dem 22.12.2011 bescheinigte er weiter AU bis 05.01.2012 und in einem weiteren Auszahlschein vom 05.01.2012 AU bis 20.01.2012.
Mit Bescheid vom 23.12.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krg über den 19.12.2011 hinaus ab. Der Kläger sei aufgrund des Bezugs von Krg weiter Mitglied über das Ende seiner Beschäftigung hinaus gewesen. Man habe ihn zu Beginn der Krg-Zahlung informiert, dass die Zahlung von Krg voraussetze, dass lückenlose AU-Bescheinigungen eingereicht werden müssten. Dies bedeute, dass die folgende AU-Bescheinigung am letzten Tag des vorher bescheinigten Zeitraums ausgestellt sein müsse. In dem Auszahlschein vom 05.12.2011 sei AU bis 19.12.2011 attestiert worden. Im folgenden Auszahlschein sei erst am 22.12. AU festgestellt worden. Damit habe ab dem 20.12.2011 kein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krg mehr bestanden.
Der Kläger machte mit seinem Widerspruch geltend, er sei wegen einer Magen-Darm-Erkrankung am 19.12.2011 gehindert gewesen, den Vorstellungstermin wahrzunehmen. Deswegen habe er ihn auf den 22.12.2011 verlegt. Er sei selbstverständlich weiter au gewesen, was sein Arzt auch bestätige. Es sei ihm unverständlich, dass trotz Fortbestehen der Krankschreibung die Gewährung von Krg verweigert werde. Er legte Bescheinigungen des Orthopäden Dr. Q vom 13.01.2012 und 30.01.2012 vor, wonach seit dem 29.08.2011 fortlaufend AU bestehe, auch in der Zeit vom 19. bis 22.12.2011. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger bezog seit dem 01.01.2012 Arbeitslosengeld (Alg) II. Der Kreis Düren als Grundsicherungsträger hat desw...