Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. selbst genutzte Eigentumswohnung. Verwertung wegen unangemessener Größe. keine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit oder besondere Härte. keine darlehensweise Leistungsgewährung
Orientierungssatz
1. Zur Berücksichtigung einer selbst genutzten Eigentumswohnung, deren Wohnfläche die Angemessenheitsgrenze überschreitet, als Vermögen gem § 12 SGB 2.
2. Zum Nichtvorliegen einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit oder besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2.
3. Wurden für sechs Monate bereits darlehensweise Leistungen gem § 9 Abs 4 iVm § 24 Abs 5 SGB 2 erbracht, sind aber keinerlei Verwertungsbemühungen zu verzeichnen, so besteht für die nochmalige Anwendung der Überbrückungsregelung des § 24 Abs 5 SGB 2 kein Raum.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.05.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab Dezember 2014.
Der am 00.00.1955 geborene Kläger ist Diplom-Bauingenieur. Er ist Inhaber eines Miteigentumsanteils verbunden mit Sondereigentum an der im Hause T.straße 00 in I. im Dachgeschoß gelegenen Wohnung nebst Kellerräumen Nr. 00 des Aufteilungsplanes und eines Sondernutzungsrechtes an dem im Aufteilungsplan rot schraffierten Spitzboden samt Zuwegung sowie eines Miteigentumsanteils an einem Garagengrundstück. Der Kläger bewohnt die Wohnung selbst.
Das Haus T.straße 00 ist ein Mehrfamilienhaus und wurde im Jahr 1964 errichtet. Im Jahr 1982 erfolgte die Aufteilung in Miteigentumsanteile. In dem Aufteilungsplan aus dem Jahr 1982 wurde die Wohnfläche mit 92,98 qm angegeben. Im Jahr 1984 wurde eine Baugenehmigung erteilt, die im Dachgeschoss die Neuanlage von Dachterrassen und des Ausbaus des Spitzbodens zu Hobbyzwecken vorsah. In der Wohnung wurde die Dachgaube vergrößert sowie eine Wendeltreppe zum Spitzboden eingebaut. Die Schlussabnahme für diese Maßnahme fand 1987 statt. Die Eltern des Klägers wurden im Jahr 1985 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Der Kläger zog mit seinen Eltern in die Wohnung ein. Nach dem Tod seiner Eltern erwarb der Kläger im Jahr 1993 das Alleineigentum an der Wohnung (Miteigentumsanteile 000/000 Eigentumswohnung und 000/000 Garage) im Wege des Erbfalls lastenfrei.
Die Wohnung des Klägers verfügt über eine Nachstromspeicherheizung. Im Zeitraum 24.03.2014 bis 22.01.2015 zahlte der Kläger gemäß Abrechnung der Aktiengesellschaft für Versorgungs-Unternehmen (AVU) vom 17.02.2014 einen Stromabschlag von 339,00 zweimonatlich für die Tarife Hochtarif (HT) und Niedertarif (NT), ab März 2015 in Höhe von 295,00 Euro zweimonatlich. Die Warmwasserversorgung erfolgt dezentral. An die Eigentümergemeinschaft zahlte der Kläger Hausgeld für die Eigentumswohnung und Garage ab November 2014 einen Betrag von 185,00 Euro monatlich und ab 01.01.2015 einen Betrag von 187,00 Euro monatlich. Mit Bescheid vom 28.01.2014 und 27.01.2015 setzte die Stadt I. für das Jahr 2014 bzw. 2015 jeweils einen Betrag von 257,04 Euro an Grundsteuer fest. Jeweils ein Betrag von 64,26 Euro war fällig am 15.02, 15.05, 15.08 und 15.11.2014. Mit Änderungsbescheid 05.05.2015 erhöhte die Stadt I. für das Jahr 2015 die Grundsteuer auf 314,16 Euro. Ein Betrag von 64,26 war am 15.05., ein Betrag von 28,56 Euro am 08.06. sowie jeweils ein Betrag von 78,54 Euro am 15.08. und 15.11 fällig.
Seit dem 01.01.2005 steht der Kläger ununterbrochen im Leistungsbezug des Beklagten. Bei der Erstantragstellung im Jahr 2005 gab er an, dass seine Wohnung 117 qm groß sei. Der Beklagte gewährte das Alg II dem Kläger als Zuschuss. Über die Höhe der zu übernehmenden Kosten für Unterkunft und Heizung sind in der Vergangenheit mehrere Prozesse geführt worden.
Mit Schreiben vom 22.01.2014 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass ein Hausbesuch zur Klärung der Angaben des Klägers über die Größe und Beheizung der Wohnung im Erörterungstermin am 13.01.2014 vor dem Sozialgericht Dortmund beabsichtigt sei. Mit Schreiben vom 29.01.2014 stimmte der Kläger der Durchführung des Hausbesuchs nicht zu.
Mit Schreiben vom 07.03.2014 forderte der Beklagte den Kläger auf, den Erhebungsbogen zur Wertermittlung bei Haus und Grundbesitz auszufüllen und der Weitergabe an den Gutachterausschuss zuzustimmen. Es sei beabsichtigt, den Gutachterausschuss zur Wertermittlung zu beauftragen, um prüfen zu können, ob es sich bei der Eigentumswohnung um verwertbares Vermögen handele. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass er gemäß §§ 60 ff. SGB I verpflichtet sei, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
Der Kläger teilte mit Schreiben vom 24.03.2014 mit, dass er einer Begutachtung der Wohnung durch den Gutachterausschuss nicht zustimme. Die Wohnverhältnisse seien bekannt und der Beklagte verfüge...