Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Existenzgründungszuschusses
Orientierungssatz
1. Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, haben zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss. Dieser soll den Verlust des Arbeitslosengeldes kompensieren.
2. Hat der Existenzgründer ungekürztes Arbeitslosengeld bislang erhalten und war ihm erwirtschaftetes Nebeneinkommen tatsächlich noch nicht zugeflossen, so hat allein das Arbeitslosengeld seinen Lebensunterhalt maßgeblich bestimmt. In diesem Fall richtet sich die Höhe des Gründungszuschusses nach dem vollen Arbeitslosengeld, ohne Berücksichtigung des Nebeneinkommens.
3. Eine gegenteilige Betrachtungsweise brächte eine erhebliche Planungsunsicherheit für den Existenzgründer mit sich, wenn die rückwirkende Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung wegen nachträglich abgerechneten Nebeneinkommens Einfluss auf seinen Anspruch nehmen könnte.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 02. 0ktober 2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Kläger gewährten Gründungszuschusses (GZ). Der Kläger meldete sich nach einer Beschäftigung als Schädlingsbekämpfer von April 2001 bis Dezember 2006 zum 01.01.2007 arbeitslos. Die Beklagte bewilligte für die Dauer von 360 Tagen Arbeitslosengeld nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 69,12 EUR.
Am 17.06.2008 beantragte der Kläger die Gewährung eines GZ wegen der zum 30.09.2007 beabsichtigten Aufnahme eines Einzelhandels mit technischen Geräten per Internet.
Im August 2007 nahm der Kläger eine geringfügige Beschäftigung als LKW-Fahrer auf. Laut Abrechnung des Arbeitgebers vom 21.09.2007 betrug das Arbeitsentgelt für August 2007 144,65 EUR und laut Abrechnung vom 10.10.2007 für September 2007 399,40 EUR.
Am 08.11.2007 meldete der Kläger den Handel mit technischen Geräten per Internet zum 30.09.2007 an. Mit Bescheid vom 09.11.2007 hob die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes für September 2007 in Höhe von 141,22 EUR wegen des anzurechnenden Nebeneinkommens auf.
Den GZ bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 09.01.2008 für die Zeit vom 30.09.2007 bis 29.06.2008 in Höhe von monatlich 932,70 EUR als Zuschuss. Hiergegen legte der Kläger am 21.01.2008 Widerspruch mit der Begründung ein, sein monatliches Arbeitslosengeld habe 807,00 EUR betragen, so dass der GZ zuzüglich der gesetzlich vorgesehenen Pauschale von 300,00 EUR 1.107,00 EUR betrage. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück, weil das aus der kurzzeitigen Beschäftigung erzielte Nebeneinkommen den Anspruch auf Arbeitslosengeld auf zuletzt monatlich 632,70 EUR gekürzt habe (Widerspruchsbescheid vom 12.03.2008).
Der Kläger hat am 15.04.2008 vor dem Sozialgericht (SG) Detmold Klage erhoben, weil er die Anrechnung seines Nebeneinkommens für nicht rechtmäßig erachtet hat. Er habe auch tatsächlich vor Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit Arbeitslosengeld ohne Anrechnung von Nebeneinkommen in Höhe von 807,00 EUR bezogen. Da er ein variables Nebeneinkommen erzielt habe, sei er auch erst zum Ende des dritten Beschäftigungsmonats - also Ende 0ktober 2007 - verpflichtet gewesen, seine Nebeneinkommensbescheinigung der Beklagten vorzulegen. Die Aufnahme der Beschäftigung habe er ordnungsgemäß angezeigt. Schließlich unterfalle es auch nach der Geschäftsanweisung der Beklagten nicht der Anrechnung, weil es sich nur um eine gelegentliche kurzzeitige Beschäftigung gehandelt habe, die von der Anrechnung auszunehmen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2008 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften GZ in Höhe von 1.107,00 EUR monatlich zu gewähren. Es hat die Auffassung vertreten, das zuletzt bezogene Arbeitslosengeld, das für die Höhe des GZ maßgeblich sei, sei das ohne Nebeneinkommen zustehende Arbeitslosengeld, weil andernfalls der Gesetzgeber die Wortwahl "tatsächlich ausgezahltes Arbeitslosengeld" hätte wählen müssen.
Gegen den ihr am 13.10.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 10.11.2008 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass jedenfalls in Fällen, in denen wie hier die Nebentätigkeit auch noch nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit fortgesetzt werde, das um das anrechenbare Nebeneinkommen verminderte Arbeitslosengeld dem GZ zugrundezulegen sei.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des SG Detmold vom 02.10.2008 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass sowohl der Wortlaut wie auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung für die vom SG gefundene Lösung sprächen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den...