Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisbarkeit eines angelernten Arbeiters im oberen Bereich bei beantragter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Die Verweisbarkeit des Versicherten bei nach § 240 SGB 6 beantragter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ist nach dem Mehrstufenschema des BSG vorzunehmen.
2. Dieses gliedert sich in vier Stufen. Der dritten Stufe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis 24 Monaten zuzuordnen (BSG Urteil vom 29. 3. 1994, 13 RJ 35/93).
3. Der Angehörige dieser Gruppe kann auf Tätigkeiten eines Kassierers oder einer Bürohilfskraft verwiesen werden.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 20.2.2014 geändert. Die Beklagte wird gemäß ihrem Teilanerkenntnis vom 16.1.2018 verurteilt, der Klägerin ab dem 1.2.2017 Rente wegen voller Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren; insoweit wird der Bescheid vom 16.7.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2010 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die im Jahre 1955 geborene Klägerin begehrt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Klägerin absolvierte eine Ausbildung zur Fachverkäuferin im Einzelhandel vom 1.9.1970 bis zum 31.8.1972 in der DDR. Als Fachverkäuferin ist sie seit 1993 bei der Firma M beschäftigt, dabei von 2002 bis 31.7.2005 als Filialleiterin, sodann wieder als Verkäuferin / Kassiererin. Eingestuft war sie in die Gehaltsgruppe 1 als Angestellte mit einfachen kaufmännischen Tätigkeiten bzw. in die Gehaltsgruppe 1 als Filialleiterin.
Am 13.1.2009 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Die Beklagte zog daraufhin einen Reha-Entlassungsbericht der I Fachklinik für Orthopädie bei, wo sich die Klägerin vom 20.11.2008 bis zum 17.12.2008 in teilstationärer Behandlung befand. Sodann lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 16.7.2009 ab. Die Klägerin sei nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen zwar in ihrer Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt durch Funktionseinschränkungen im rechten Schultergelenk. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen sei sie jedoch noch in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche regelmäßig auszuüben. Auch sei sie in der Lage, die Tätigkeit einer Telefonistin mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Volle oder teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit sei daher nicht gegeben.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Ihr Gesundheitszustand habe sich weiter verschlechtert.
Die Beklagte holte daraufhin Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte sowie ein orthopädisches Gutachten des Dr. N ein. Anschließend wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.4.2010 den Widerspruch der Klägerin zurück. Nach dem Untersuchungsergebnis und nach Auswertung der im Widerspruchsverfahren beigezogenen medizinischen Unterlagen sei die Klägerin noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine volle oder teilweise Erwerbsminderung sei daher nicht gegeben. Auch auf Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 SGB VI könne die Klägerin sich nicht erfolgreich berufen. Unter Berücksichtigung ihres Berufsschutzes als Fachverkäuferin könne sie aufgrund des verbliebenen Leistungsvermögens zumutbar auf die Tätigkeit einer Telefonistin verwiesen werden.
Mit ihrer am 17.5.2010 vor dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente weiterverfolgt.
Die Klägerin hat bei dem Sozialgericht beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.7.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2010 zu verurteilen, ihr ausgehend von einem Leistungsfall am 13.1.2009 eine Rente wegen Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt.
Das Sozialgericht hat sodann Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens mit internistischem Zusatzgutachten. Gegenüber dem internistischen Gutachter Dr. A, Untersuchung am 13.1.2012, gab die Klägerin an, sie verspüre eine schmerzhafte Minderbelastbarkeit des rechten Schultergelenks, eine Einschränkung der Gehfähigkeit, Kreislaufstörungen, Schwindelerscheinungen, Kopfschmerzen, Magen- und Oberbauchbeschwerden, Schlafstörungen sowie Stimmungsschwankungen. Bei normaler Schrittgeschwindigkeit könne sie zu ebener Erde ca. 3-4 km gehen, bis sie dann wegen Schmerzen in den Beinen erst einmal eine Pause einlegen müsse. Sie leide unter ihren ständigen Schmerzen und B...