Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Beitragserstattungsregelung des § 210 SGB 6

 

Orientierungssatz

1. Der Ausschluss nicht versicherungspflichtiger Personen von der Möglichkeit der vorzeitigen Erstattung von Beiträgen nach § 210 SGB 6, weil diese das Recht zur freiwilligen Versicherung haben, verstößt nicht gegen Art 14 Abs 1 GG.

2. Auch in das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art 12 Abs 1 GG wird durch die gesetzlichen Regelungen in den §§ 7 Abs 1 und 210 SGB 6 nicht eingegriffen.

3. Ferner verstößt die Beitragserstattungsregelung des § 210 SGB 6 auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 GG.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.12.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen von der Beklagten.

Der im Jahr 1969 geborene Kläger ist Volljurist. Bis August 1999 war er in der gesetzlichen Rentenversicherung mit insgesamt 44 Monaten Pflichtbeitragszeiten gesetzlich pflichtversichert. Seitdem ist er als selbstständiger Rechtsanwalt zugelassen und tätig. Er ist Partner einer Rechtsanwaltssozietät und seit dem 26.08.1998 Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen.

Am 25.07.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der von ihm geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.09.2012 ab. Die Voraussetzungen einer Beitragserstattung, nämlich Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht sowie die Nicht-Erfüllung der allgemeinen Wartezeit, lägen bei dem Kläger nicht vor. Als selbstständiger Rechtsanwalt unterliege er ohnehin nicht der Rentenversicherungspflicht. Es bestehe keine Möglichkeit für ihn, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Es stehe ihm aber offen, freiwillige Beiträge zu entrichten. Mit der Zahlung von Beiträgen für 16 Monate würde er die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten erfüllen und damit einen Anspruch auf Regelaltersrente begründen.

Dagegen richtete sich der Widerspruch vom 24.09.2012. Der Kläger führte aus, dass ein Sachbearbeiter der Beklagten in Köln, welcher den Befreiungsantrag entgegengenommen habe, eine Beitragserstattung binnen sechs Wochen zugesagt habe. Er falle nicht unter die Rentenversicherungspflicht und zahle Beiträge ausschließlich an das Versorgungswerk. Er könne sich daher nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Schließlich ergebe sich eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu Syndikusanwälten. Diese hätten nämlich die Möglichkeit, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen und damit eine Beitragserstattung zu erhalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen des § 210 Abs. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien nicht erfüllt. Eine Beitragserstattung sei nur dann zulässig, wenn das Recht zur freiwilligen Versicherung nicht bestehe. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die freiwillige Versicherung.

Dagegen hat der Kläger am 28.01.2013 bei dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor. Zudem hat er auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.07.2012 verwiesen. Das Gericht habe dort offen gelassen, ob sich die Rechtslage für eine Beitragserstattung für Selbständige ab dem 11.08.2010 unter dem Aspekt des Art. 3 Abs. 1 GG anders darstelle, weil der Gesetzgeber mit der ersatzlosen Streichung des § 7 Abs. 2 SGB VI und der Einfügung des § 210 Abs. 1a SGB VI im Ergebnis nur den versicherungsfreien und den von der Versicherungspflicht befreiten Personen bei Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit ein Wahlrecht zwischen freiwilliger Versicherung und Beitragserstattung eingeräumt habe, nicht aber den nicht-versicherungspflichtigen Personen in ähnlicher Lage. Der Kläger hat vorgetragen, ein Syndikusanwalt, der ebenfalls Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte sei, erhalte auf Antrag die Beitragserstattung von der Beklagten, der selbstständig niedergelassene Rechtsanwalt hingegen nicht.

Mit Urteil vom 12.12.2013 hat das Sozialgericht Köln die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert. Die Voraussetzung einer Erstattung der Beiträge nach Maßgabe des § 210 SGB VI lägen nicht vor. Dem Kläger stünde das Recht zur freiwilligen Versicherung zu, so dass eine Beitragserstattung gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ausgeschlossen sei. Auch die Voraussetzungen des § 210 Abs. 1a SGB VI lägen nicht vor. Der Kläger sei weder versicherungsfrei gemäß § 5 SGB VI noch befreit im Sinne des § 6 SGB VI. Auch aus der Auskunft des Sachbearbeiters der Beklagten ergebe sich kein Recht auf Beitragserstattung, denn es handele sich nicht um eine Zusicherung im Sinne des § 3...

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