Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten
Orientierungssatz
1. Die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts beträgt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren die Beitragsrahmengebühren entstehen, 40,- €. bis 520,- €. Eine Gebühr von mehr als 240,- € - sog. Schwellengebühr - kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
2. Die Schwellengebühr ist nur zu unterschreiten, wenn die Bemessungskriterien in § 14 Abs 1 S 1 RVG unterdurchschnittlich erfüllt sind. Maßgeblich sind Aufwand und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Sache für den Betroffenen; ferner dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
3. Das Unterschreiten der Schwellengebühr allein aufgrund schlechter Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen ist unbillig. Dessen wirtschaftliche Verhältnisse sind keine gleichrangigen Beurteilungskriterien.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.10.2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte dem Kläger weitere 69,60 EUR zu erstatten hat. Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Kosten eines für den Kläger erfolgreichen Widerspruchsverfahrens.
Mit Bescheid vom 08.02.2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.11.2005 bis 31.12.2005 auf und verlangte das dem Kläger in diesem Zeitraum gezahlte Arbeitslosengeld II in Höhe von 1199,36 EUR erstattet.
Der Kläger legte durch seinen Prozessbevollmächtigten am 20.02.2006 Widerspruch ein und machte geltend, der von der Beklagten nachträglich berücksichtigte Rückkaufswert einer Versicherung sei geschütztes Vermögen, das sich auf den Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht auswirke.
Mit Bescheid vom 27.03.2006 half die Beklagte dem Widerspruch ab und nahm den Bescheid vom 28.02.2006 zurück. Gleichzeitig erklärte sie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig und die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten für erstattungsfähig, soweit sie notwendig gewesen seien und nachgewiesen würden.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte daraufhin 301,60 EUR unter Ansatz einer Geschäftsgebühr (240,- EUR), der Post- und Telekommunikationspauschale (20,- EUR) sowie Umsatzsteuer (41,60 EUR) in Rechnung. Mit Bescheid vom 11.04.2006 erstattete die Beklagte lediglich Kosten in Höhe von 232,- EUR unter Herabsetzung der Geschäftsgebühr auf 180,- EUR und der Umsatzsteuer auf 32,- EUR. Die Ermäßigung der Gebühr begründete sie mit den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers.
Der Kläger legte am 19.04.2006 Widerspruch ein und machte geltend, dass sowohl die Schwierigkeit der Bearbeitung als auch die Bedeutung der Angelegenheit über dem Durchschnitt gelegen hätten. Hierdurch würden zumindest andere Kriterien kompensiert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 08.08.2006 Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, das Verfahren habe Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II betroffen. Insoweit handele es sich um ein Spezialgebiet, wobei für die anwaltliche Bearbeitung erschwerend hinzugekommen sei, dass eine Leistungsaufhebung unter Prüfung der Zuflusstheorie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu bearbeiten gewesen sei. In Anbetracht der Rückforderungssumme habe die Angelegenheit auch eine erhebliche Bedeutung gehabt. Allein aus diesen Gründen werde der Aspekt der unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse kompensiert, sofern dieser in Fällen, in denen die Partei regelmäßig arm sei, überhaupt Berücksichtigung finden können.
Mit Urteil vom 27.10.2006 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 301,60 EUR zu erstatten. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 05.12.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.12.2006 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, den Kriterien für die Bemessung der Rechtsanwaltskosten (Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit und Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers) gleichwertige Bedeutung zu. Die Frage der Einkommens- und Vermögensverhältnisse dürfe nicht bei demjenigen, der in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe, gleich bewertet werden wie bei demjenigen, der auf existenzsichernde Leistungen angewiesen sei. Außerdem sei die Schwierigkeit der Angelegenheit unterdurchschnittlich gewesen, weil das Problem bereits durch einhellige höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das U...