Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zurückverlegung des Wohnsitzes aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer bei einem Fremdrentenberechtigten. Entgeltpunkte (Ost) für Fremdrentenzeiten. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Regelung in Art 6 § 4 Abs 6 S 3 FANG gilt für jeden Fall der Verlegung des ständigen Aufenthalts aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch Berechtigte iS von Art 6 § 4 Abs 6 S 1 Buchst c FANG unabhängig davon, ob bereits früher einmal ein Anspruch auf Altersrente bei Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet bestanden hat.
2. Die Beibehaltung der Entgeltpunkte (Ost) für FRG-Zeiten nach einem Rückumzug in das Gebiet der alten Bundesländer verletzt nicht die Grundrechte aus Art 3 Abs 1, 11 Abs 1 oder 14 Abs 1 GG. Hierbei gelten die gleichen Erwägungen wie bei der erstmaligen Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in das Beitrittsgebiet (zu diesen vgl BSG vom 12.4.2017 - B 13 R 12/15 R = BSGE 123, 98 = SozR 4-5060 Art 6 § 4 Nr 4).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 3.6.2019 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Regelaltersrente.
Der am 00.00.1943 in Oberschlesien (damals: Deutsches Reich, danach bis heute: Polen) geborene Kläger war von Juli 1961 bis April 1982 im polnischen Steinkohlenbergbau versicherungspflichtig beschäftigt. Im Mai 1982 verlegte er seinen Wohnsitz in die Bundesrepublik Deutschland (über Q/Schleswig-Holstein nach C/Nordrhein-Westfalen) und wurde hier als Vertriebener anerkannt (Vertriebenenausweis A des Kreises Q vom 25.5.1982). Der Kläger war in Deutschland bis Januar 1994 weiter im Steinkohlenbergbau versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog er Anpassungsgeld. Die Beklagte bewilligte ihm Rente für Bergleute ab November 1996, Knappschaftsausgleichsleistung ab Oktober 1998, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Januar 2001. Auf Antrag des Klägers gewährte sie ihm ab dem 1.10.2008 Regelaltersrente in Höhe von (zunächst) 1.718,09 EUR monatlich. Dabei berücksichtigte sie die in Polen zurückgelegten Zeiten vom 21.7.1961 bis zum 7.4.1982 als (nachgewiesene) Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) so, als hätte der Kläger diese Zeiten in Deutschland zurückgelegt (Bescheid vom 17.6.2010). Der Bescheid enthält auf Seite 4 den Hinweis, dass eine unverzügliche Mitteilung an die Beklagte erfolgen müsse, wenn der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in die neuen Bundesländer verlege. Für die Dauer eines gewöhnlichen Aufenthalts in den neuen Bundesländern könne sich die Rentenhöhe vermindern. Sie (die Beklagte) wolle über einen solchen Sachverhalt möglichst frühzeitig informiert werden, damit vorher mitgeteilt werde könne, ob und in welcher Höhe die Rente dann zu zahlen sei.
Am 18.10.2015 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz nach Sachsen, ohne die Beklagte zu informieren. Nachdem die Beklagte über die Krankenkasse des Klägers von dem Wohnortwechsel erfahren hatte, stellte sie die Höhe des Rechts auf Regelaltersrente ab dem 1.11.2015 neu fest. Dabei legte sie für die nach dem FRG berücksichtigten Zeiten nunmehr (durch Multiplikation der Entgeltpunkte mit dem niedrigeren aktuellen Rentenwert ≪aRW≫ Ost ermittelte) Entgeltpunkte Ost (EP Ost) zugrunde. Dadurch verringerte sich der monatliche Zahlbetrag der Regelaltersrente ab dem 1.11.2015 um 86,68 EUR (Bescheid vom 13.11.2015). In der Folge wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass es für die in Polen zurückgelegten Zeiten auch dann bei EP Ost verbleibe, wenn er seinen Wohnsitz wieder in die alten Bundesländer zurückverlegen sollte (nachgeholte Anhörung vom 15.12.2015). Der gegen den Bescheid vom 13.11.2015 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8.9.2016). Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Dresden (Aktenzeichen S 22 KN 1439/16) verlegte der Kläger seinen Wohnsitz zum 1.4.2017 zurück nach C/Nordrhein-Westfalen. Im Klageverfahren wies er darauf hin, dass einziger Anlass für diese Entscheidung die bislang mit seinem Umzug nach Sachsen verbundene tatsächliche Rentenkürzung sei. Seine Klage nahm er nach Hinweis des SG auf deren Aussichtslosigkeit am 28.6.2017 zurück.
Unter dem 9.8.2017 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Zurückverlegung seines Wohnsitzes nach C, die Rentenzahlung in den Stand von vor 2015 zu versetzen, da er mittlerweile wieder in einem der alten Bundesländer ansässig sei.
Die Beklagte lehnte ab, ihm ab dem 1.4.2017 wieder höhere Regelaltersrente zu gewähren. Es verbleibe für die in Polen zurückgelegten Zeiten auch dann bei EP Ost, wenn der Wohnsitz von den neuen wieder in die alten Bundesländer zurückverlegt werde. Eine Änderung in der Rentenzahlung ergebe sich aus dem erneuten Umzug nicht (mit "Rentenzahlung" überschriebenes Schreiben vom 24.8.2017 ohne Re...