Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren nach Stattgabe des Widerspruchs gegen einen vorläufigen Erstattungsbescheid im Vertrags≪zahn≫arztrecht
Orientierungssatz
1. Die Vorschrift des § 63 SGB 10 über die Erstattung von Kosten eines erfolgreichen Widerspruchsverfahrens ist auch auf Entscheidungen des Vertrags(zahn)arztrechts anwendbar. Danach hat die Behörde die zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, es sei denn, die abhelfende Entscheidung der Widerspruchsstelle beruht nicht auf dem Widerspruch, sondern auf einem anderen Umstand.
2. War es der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich, eine exakte Berechnung des vom Vertrags(zahn)arzt erhaltenen Honorars und damit des zurückzufordernden Betrags vorzunehmen und hat sie bereits im angefochtenen Bescheid auf die Vorläufigkeit ihrer auf Schätzung beruhenden Entscheidung hingewiesen, so wird mit dem vorläufig ergangenen Verwaltungsakt eine Regelung unter den Vorbehalt der späteren und endgültigen Entscheidung gestellt.
3. Sinn und Zweck der kostenrechtlichen Regelung des § 63 SGB 10 ist es, dem Widerspruchsführer die Kosten zu erstatten, die diesem dadurch entstanden sind, dass er zu Unrecht mit dem Verfahren überzogen worden ist. Davon kann bei einem gebotenen Erlass eines vorläufigen Bescheides unter Zugrundelegung eines geschätzten überhöhten Rückforderungsbetrages keine Rede sein.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.11.2007 abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die hälftige Erstattung der Kosten des isolierten Vorverfahrens.
Der Kläger war in den Quartalen II/1999 bis IV/2002 als Zahnarzt in E niedergelassen und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Er stand in Geschäftsbeziehung zur Fa. H/O. E.O Dentalhandelsgesellschaft GmbH, von der er zahntechnische Leistungen bezog. In einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft X - 000 - wurde dem Anfangsverdacht nachgegangen, er habe von dem Unternehmen Rückzahlungen (sog. "Kick-back") erhalten, die er nicht an die gesetzlichen Krankenkassen weitergeleitet habe.
Mit zwei Bescheiden vom 23.09.2002 hob die Beklagte unter Hinweis auf das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren vorläufig die dem Kläger für die Quartale II/1999 bis einschließlich IIl/2002 sowie für das Quartal III und IV/2002 erteilten Honorarbescheide in Höhe von (261.575,36 EUR + 8.232,24 EUR =) 269.807,60 EUR auf und forderte die insofern zu Unrecht ausgezahlte Vergütung bzw. die zu Unrecht erstatteten Kosten zurück. Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen und den der Beklagten vorliegenden Unterlagen sei davon auszugehen, dass der Kläger die von der Fa. H gewährten Zahlungen entgegen § 11 Abs. 2 des Zahnarzt-/Ersatzkassenvertrages (EKV-Z) und der gesamtvertraglichen Regelungen im Primärkassenbereich nicht an die Patienten und Krankenkassen weitergeleitet habe, so dass die von ihm für diese Zeiträume eingereichten Abrechnungen sachlich-rechnerisch falsch gewesen seien.
Den Widersprüchen des Klägers gab die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2006 in Höhe von 137.046,50 EUR statt und wies sie im Übrigen (in Höhe von 132.761,10 EUR) zurück. Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten würden nicht erstattet. Aufgrund des anhängigen Strafverfahrens sei sie zur Sicherstellung des Schadensbetrages gegenüber den Krankenkassen verpflichtet gewesen. Die Honorarbescheide seien in Höhe von 269.807,60 EUR nur vorläufig aufgehoben worden, da nach den Erfahrungswerten der Beklagten noch private Leistungen in der zurückgeforderten Summe hätten enthalten sein können. Unter Berücksichtigung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft X - 000 - und dem Urteil des Landgerichts Duisburg (vom 30.08.2005) - 34 Kls 80 Js 429/03 - sei anhand der beschlagnahmten Abrechnungsunterlagen des Klägers und unter Mithilfe der betroffenen Krankenkassen ein Schaden in Höhe von 132.761,10 EUR entstanden. Dieser Betrag sei an die Krankenkassen und die Patienten zurückzuzahlen. Hinsichtlich der teilweisen Stattgabe des Widerspruchs werde die Hinzuziehung des Rechtsanwaltes für notwendig erklärt, es würden aber keine Kosten erstattet. Rein förmlich liege zwar eine teilweise Abhilfe vor. Der Widerspruch sei jedoch nicht kausal hierfür gewesen. Sie, die Beklagte, habe bei den Verfahren um die Kickback-Zahlungen in den Ausgangsbescheiden vorläufig die pauschal in der Ermittlungsakte als Höchstschaden benannten Beträge zurückgefordert. Sie hafte gegenüber den Krankenkassen, wenn ein Vertragszahnarzt bei Erfüllung der vertragszahnärztlichen Pflichten die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt außer Acht lasse und ihr ein Rückgriff gegen den Zahnarzt durch Aufrechnung gegen die Honorarforderungen möglich sei. Daher sei der vorläufige Schadensbetrag bei dem Zahnarzt sicherzustellen ...