Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsausschluss von Arzneimitteln zur Behandlung der erektilen Dysfunktion
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln zur Behandlung einer erektilen Dysfunktion besteht seit dem Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes zum 1. 1. 2004 nicht mehr.
2. Weil der Gesetzgeber in der Neufassung des § 34 Abs. 1 SGB 5 hinsichtlich der Ursachen einer erektilen Dysfunktion nicht unterschieden hat, kommt eine Versorgung zu Lasten der Krankenkasse auch dann nicht in Betracht, wenn die Beschwerden Folge einer Erkrankung sind, die eine uneingeschränkte Leistungspflicht der Krankenversicherung nach den allgemeinen Bestimmungen begründet.
3. Damit ist das Arzneimittel Caverject zur Behandlung einer erektilen Dysfunktion unabhängig von deren Ursache von der Leistungspflicht der Krankenkasse ausgeschlossen.
4. Der Leistungsausschluss ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23. September 2008 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger mit dem zur Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie (SKAT) bestimmten Arzneimittel Caverject weiterhin zu versorgen.
Der 1958 geborene Kläger ist seit 1987 (ab 1994 als Rentenbezieher) bei der Beklagten versichert. Er leidet an einer erektilen Dysfunktion als Folge einer seit 1989 bestehenden Querschnittslähmung aufgrund eines Privatunfalls. Nachdem sich der Kläger mit vertragsärztlichen Verordnungen vom 06. September und 22. Dezember 2004 auf Kassenrezept das Arzneimittel beschafft hatte, nahm die Beklagte eine Rechnungsbeanstandung gegenüber der ausgebenden Apotheke vor, die daraufhin den Kläger um Zahlung der Arzneimittelkosten in Höhe von 513,36 Euro ersuchte (Schreiben der L-Apotheke vom 21. Januar 2006). Der Kläger beantragte sodann eine Kostenübernahme der Beklagten. Diese teilte ihm mit, Caverject gehöre zu den Handelspräparaten, die seit 01. April 2004 nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen -KK- verordnet werden dürften (Bescheid vom 06. Februar 2006). Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, aufgrund seiner Behinderung (Querschnittslähmung) müsse das Medikament als ein Hilfsmittel, vergleichbar den ihm zur Verfügung stehenden (Rollstuhl, Badewannenlifter etc.), betrachtet werden, welches seine Lebensqualität erhalte. Es sei unmenschlich und damit grundgesetzwidrig, ihm einen Verzicht auf ein normales Sexualleben zuzumuten. Zudem berufe er sich auf Gewohnheitsrecht, weil er das Medikament seit ca. 10 Jahren verschrieben bekommen habe. Er beantrage deshalb die weitere Versorgung.
Dem Widerspruch wurde vom Widerspruchsausschuss der Beklagten mittels Widerspruchsbescheid vom 21. September 2006 lediglich hinsichtlich der beantragten Kostenübernahme mit der Begründung stattgegeben, der Kläger habe auf die Richtigkeit der ärztlichen Verordnungen vertrauen dürfen. Eine weitere Versorgung mit dem betreffenden Arzneimittel sei jedoch gemäß § 34 Absatz (Abs) 1 Satz 7 Sozialgesetzbuch 5. Buch -SGB V- in Verbindung mit den Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in der Fassung vom 16. März 2004 ab 01. April 2004 mangels Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 16. Oktober 2006 Klage erhoben und zu deren Begründung insbesondere geltend gemacht, der generelle Ausschluss von Arzneimitteln zur Anwendung bei erektiler Dysfunktion sei rechtswidrig. Beruhe die Dysfunktion nicht auf natürlichen Alterserscheinungen, sondern -wie bei ihm- auf einer Erkrankung, müsse eine Verordnung des Arzneimittels zu Lasten der Beklagten möglich sein. Zudem stelle das Arzneimittel eine "nichtoperative therapeutische Maßnahme" im Sinne des Operationen- und Prozedurenschlüssels -OPS- (zur Ziffer 8 - 976.2) dar, denn es handele sich um eine Behandlung aufgrund lebenslanger Nachsorge bei Querschnittslähmung.
Mit Urteil vom 23. September 2008 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, über den 22. Dezember 2004 hinaus die Kosten für das Arzneimittel Caverject Impuls bzw. ein gleichwertiges zugelassenes Arzneimittel nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die erektile Dysfunktion, unter der der Kläger leide, sei eine behandlungsbedürftige und behandlungsfähige Krankheit im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung. Zwar habe der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 34 SGB V insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienen, von der Versorgung ausgeschlossen. Auch wenn der Gesetzgeber damit habe erreichen wollen, dass unterschiedslos jegliche Behandlung dieser Erkrankung mi...