Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistung zur medizinischen Rehabilitation aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Antragstellung bei der gesetzlichen Krankenkasse. Antrag auf zahnprothetische Versorgung. Gymnasiallehrer an einem Weiterbildungskolleg mit den Fächern Deutsch und Philosophie. Verletzung der formellen Zuständigkeitsregelung des § 14 Abs 2 S 1 SGB 9
Orientierungssatz
1. Auch ein einmal gestellter Antrag auf zahnprothetische Versorgung ist umfassend, dh er ist auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten (vgl BSG vom 3.2.2015 - B 13 R 261/14 B = juris Rdnr 8).
2. Die Verletzung der formellen Zuständigkeitsregelung des § 14 Abs 2 S 1 SGB 9 ist nicht nach § 42 S 1 SGB 10 unbeachtlich, da die formelle Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nicht in einer Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit begründet liegt (so auch LSG Stuttgart vom 22.9.2016 - L 6 VS 756/16 = juris Rdnr 33).
3. Zum Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz als Leistung zur medizinischen Rehabilitation aus der gesetzlichen Rentenversicherung für einen Gymnasiallehrer an einem Weiterbildungskolleg mit den Fächern Deutsch und Philosophie.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 15.03.2013 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 18.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2011 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten für eine zahnprothetische Versorgung.
Der am 00.00.1952 geborene, bei der Beigeladenen gesetzlich krankenversicherte Kläger ist seit dem 23.08.1993 beim Land Nordrhein-Westfalen als Lehrer im Angestelltenverhältnis beschäftigt und unterrichtet seit dem 01.08.2006 am Weiterbildungskolleg D-M G im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung Absolventen des Zweiten Bildungsweges in den Fächern Deutsch und Philosophie. Das Unterrichtsfach Musik wird an dieser Bildungseinrichtung seit 2006 nicht unterrichtet. Vor seiner Versetzung an das Weiterbildungskolleg D-M hatte der Kläger vom 23.09.1996 bis zum 21.07.2004 am F-C-Gymnasium C-R in beiden Sekundarstufen die Fächer Deutsch, Philosophie und Musik unterrichtet. Das Fach Musik schloss dabei die praktische Einweisung in den Gebrauch von Musikinstrumenten sowie das gemeinsame Musizieren ein. In diesen Teilen des Unterrichts bediente sich der Kläger schwerpunktmäßig seines Erstinstruments, der Klarinette.
Im Jahr 1964 erlitt der Kläger bei einer nicht nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII)) versicherten Unfall, bei dem er seine vorderen Schneidezähne verlor. Die Versorgung erfolgte zunächst mittels einer (Draht-) Klammerprothese. Im Jahr 1995 wurde - nach vorheriger Gewährung eines Zuschusses durch die frühere Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) - eine festsitzende Brücke eingegliedert.
Nachdem sich der Kläger im Herbst 2010 in die zahnärztliche Behandlung des Facharztes für Zahnmedizin Dr. S begeben hatte, erstellte dieser am 04.10.2010 einen Heil- und Kostenplan für eine zahnprothetische Maßnahme zur "Erneuerung der Oberkieferbrücke aus 1995 wegen Facettenfrakturen der Zähne 13 bis 23, 24, 25, 14, 15". Darauf kalkulierte er in der Rubrik "III. Kostenplanung" die zu erwartenden Gesamtkosten der prothetischen Versorgung auf ca. 5.900,00 Euro (Vermerk v. 7.10.2010).
Nachdem der Kläger den Heil- und Kostenplan der Beigeladenen zugeleitet hatte (Eingang am 11.10.2010), vermerkte diese am 11.10.2010 darauf eine Bezuschussung in Höhe von 1.338,78 Euro. Mit Bescheid vom 11.10.2010 bewilligte sie einen Zuschuss zur Regelversorgung in entsprechender Höhe. Diesen - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen - Bescheid hat der Kläger nicht angefochten.
Am 03.11.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der verbliebenen Gesamtkosten des Zahnersatzes als Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Zur Begründung verwies er auf Artikulationsstörung, die seine Berufsausübung als Gymnasiallehrer zunehmend beeinträchtige. Diese Einschränkung könne nur durch eine Erneuerung der Brücke aus dem Jahr 1995 behoben werden. Sofern dem Antrag nicht stattgegeben werde, erscheine eine Weiterbeschäftigung als Lehrer nicht möglich, da seine Artikulationsfähigkeit in diesem Fall dauerhaft so gestört wäre, dass eine erfolgreiche Unterrichtstätigkeit nicht mehr möglich sei.
Mit Bescheid vom 18.11.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Zuschusses zur zahnärztlichen Behandlung einschließlich Zahnersatz als Leistung zur medizinischen Rehabilitation ab. Ein solche...