Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegeheimträger. Leistungsklage gegen die Pflegekasse auf Zahlung höherer Leistungen für vollstationäre Pflege. förmlicher Weg. Höherstufungsantrag des Versicherten. Klageerhebung über den Umweg des § 84 Abs 2 S 3 SGB 11. vergleichsweise Regelung
Orientierungssatz
1. Ein Zahlungsanspruch gegen die Pflegekasse und die Durchbrechung einer bestandskräftigen Pflegestufenzuordnung steht dem Heimträger für die vollstationäre Pflege nur zu, wenn er zuvor das zur Überprüfung der Pflegeklasse vorgesehene Verfahren nach § 87a Abs 2 S 1 SGB 11 eingeleitet und durchgeführt hat. Es bedarf insoweit der schriftlichen und begründeten Aufforderung des Versicherten durch den Heimträger, einen Höherstufungsantrag zu stellen.
2. Erst bei Weigerung des Versicherten greift die Fiktion des § 87a Abs 2 S 3 SGB 11 ein. Es wird dann zu Gunsten des Heimträgers unterstellt, dass der Versicherte einen begründeten Antrag auf Höherstufung gestellt hat. Fehlt es hieran, so kann der Heimträger weder im Verhältnis zum Versicherten noch in Bezug auf die Pflegekasse erfolgreich Klage auf höhere Vergütung erheben.
3. Über den Umweg des § 84 Abs 2 S 3 SGB 11 kann eine begründete Leistungsklage des Heimträgers im Regelfall des bloßen Streites um die zutreffende Pflegestufe/-klasse nicht erhoben werden (Aufgabe LSG Essen vom 25.3.2009 - L 10 P 27/08 = Sozialrecht aktuell 2009, 229).
4. Hat sich der Heimträger im Rahmen einer vergleichsweisen Regelung mit dem Versicherten seiner Rechte gemäß § 87a Abs 2 S 3 SGB 11 begeben, so kann für den betroffenen Zeitraum ein originärer Anspruch des Heimträgers gegen die Pflegekasse gemäß § 87a Abs 3 S 1 SGB 11 nicht mehr zur Entstehung gelangen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.06.2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.202,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von 5.202,00 EUR für die vollstationäre Pflege der 1920 geborenen Beigeladenen S G in dem Zeitraum von September 2004 bis Juni 2007.
Der Kläger ist Träger des B-Altenzentrums, in dem sich die bei der Beklagten pflegeversicherte Beigeladene seit Mitte 2002 in vollstationärer Pflege befindet und zunächst Leistungen nach der Pflegestufe II bezog.
Mit Schreiben vom 07.01.2004 forderte der Kläger die Beigeladene auf, bei der zuständigen Pflegekasse einen Höherstufungsantrag zu stellen. Es bestehe seit längerem ein höherer Pflegebedarf, als es die derzeitige Pflegestufe vorsehe. Am 08.03.2004 beantragte die Beigeladene die Höherstufung. Auf Veranlassung der Beklagten stelle der MDK mit Gutachten vom 09.06.2004 einen Hilfebedarf in der Grundpflege von 254 Minuten täglich (Körperpflege 96, Ernährung 105, Mobilität 53) fest. Mit Bescheid vom 28.06.2004 bewilligte die Beklagte ab dem 01.04.2004 vollstationäre Pflegeleistungen nach der Pflegestufe III. Hiergegen legte die Beigeladene Widerspruch ein, welchen die Beklagte nach Einholung eines weiteren Gutachtens des MDK aus September 2004, in dem ein täglicher Hilfebedarf in der Grundpflege von 246 Minuten festgestellt wurde, mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2005 als unzulässig zurückwies.
Mit der durch sie am 21.03.2005 bei dem Sozialgericht (SG) Köln (Az: S 23 P 52/05) hiergegen erhobenen Klage wies die Beigeladene darauf hin, dass sie durch die Pflegestufe III eine um ca. 400,00 EUR höhere monatliche Heimkostenzuzahlung leisten müsse. Der festgestellte Hilfebedarf sei überhöht. Das SG holte ua ein Gutachten des Sachverständigen Dr. E vom 05.09.2005 ein, der für die Zeit ab September 2004 einen Hilfebedarf von nur noch 208 Minuten täglich in der Grundpflege feststellte (Körperpflege 96, Ernährung 68, Mobilität 44). Mit Urteil vom 13.02.2006 änderte das SG den Bescheid vom 28.06.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2005 dahingehend ab, dass die Beigeladene ab dem 01.09.2004 wieder der Pflegestufe II zugeordnet werde. Sie sei durch die angefochtene Entscheidung der Beklagten beschwert, auch wenn sie formal einen Höherstufungsantrag gestellt habe. Dies ergebe sich aus der in § 87a Abs 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) getroffenen Regelung, nach der ein Heimbewohner zur Stellung eines Höherstufungsantrags verpflichtet sei, da er ansonsten mit einer Berechnung der Heimkosten nach der nächsthöheren Pflegeklasse rechnen müsse. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. E ergebe sich, dass die Klage für die Zeit ab dem 01.09.2004 begründet sei. Die Ernährung der Beigeladenen erfolge seitdem kalorienmäßig fast ausschließlich durch Sondenkost. Hierdurch ergebe sich eine Reduzierung des Hilfebedarfs. Für die vor September 2004 liegende Zeit sei dagegen ein grundpflegerischer Hilfebedarf von insgesamt 246 Minuten und damit die Voraussetzungen der Pflegestufe III anzunehmen. Der Heimträger war zu diesem Verfahren nicht beigeladen worden.
Nachdem das Urteil des SG vom 13.02.2006 rechtskräft...