Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzliche Bewilligung einer Mietkaution durch den Grundsicherungsträger als Darlehen

 

Orientierungssatz

1. Nach § 22 Abs. 6 S. 3 SGB 2 soll die Mietkaution als Darlehen erbracht werden. Bei Sollvorschriften ist im Regelfall kein Ermessen auszuüben, in atypischen Fällen hingegen volles Ermessen. Die Mietkaution soll regelmäßig darlehensweise bewilligt werden, weil sie grundsätzlich an den Mieter zurückfließt. Damit ist es in der Regel nicht gerechtfertigt, die Kaution dem Grundsicherungsberechtigten zu belassen.

2. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Eine Vermögensbildung durch SGB 2-Leistungen soll nicht stattfinden. Dies wäre aber zwingende Folge, wenn die vom Leistungsträger übernommene Mietkaution dem Leistungsberechtigten nach Rückzahlung endgültig zustehen würde.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 6 S. 3, § 42a; SGB I § 39

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.01.2015 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Bewilligung einer Mietkaution als Zuschuss anstelle einer darlehensweisen Bewilligung.

Der am 00.00.1987 geborene Kläger befand sich bis zum 30.09.2012 in einer stationären Maßnahme der Evangelischen Jugendhilfe N gGmbH. Am 21.08.2012 beantragte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei dem Beklagten. Er legte ein Mietangebot der M Wohnen NRW GmbH über eine 42 qm große Wohnung in der E 10, N vor. Hierin waren eine Grundmiete iHv 188,80 EUR sowie Betriebskostenvorauszahlungen iHv 69 EUR (gesamt 257,80 EUR) ausgewiesen. Der Beklagte bestätigte die Angemessenheit dieser Unterkunftskosten. Am 05.09.2012 schlossen der Kläger und die M Wohnen den Mietvertrag, der Kläger war verpflichtet, eine Mietkaution iHv 566 EUR zu entrichten. Mit Bescheid vom 17.09.2012 bewilligte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung iHv 318,80 EUR monatlich. Am 01.10.2012 bezog der Kläger die Wohnung.

Am 13.09.2012 beantragte der Kläger die Übernahme der Mietkaution als Zuschuss. Mit Bescheid vom 14.09.2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf zuschussweise Bewilligung ab. § 22 Abs. 6 SGB II sehe nur eine Übernahme der Mietkaution als Darlehen vor. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 27.09.2012 zurück. Eine Mietkaution solle gem. § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II als Darlehen erbracht werden. Die Vorschrift räume der Behörde bezüglich der Gewährung als Darlehen oder Beihilfe keinen Ermessensspielraum ein. Eine Gewährung als Beihilfe sei daher nicht möglich.

Am 28.09.2012 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Der Beklagte verkenne, dass das Wort "soll" Ermessen einräume. Er habe deshalb ermessensfehlerhaft entschieden. Besondere atypische Umstände, die ein Abweichen vom Regelfall einer Bewilligung der Kaution als Darlehen begründen, könne er nicht vorbringen. Die Ablehnung der zuschussweisen Bewilligung sehe er als verfassungswidrig an.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 14.09.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2012 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Begleichung der Mietkaution iHv 566 EUR für die Wohnung E 10 in N als verlorenen Zuschuss zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält sich bei Fehlen atypischer Umstände gem. § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II nicht für verpflichtet, Leistungen als Zuschuss zu erbringen oder Ermessen auszuüben.

Mit Bescheid vom 12.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2012 hat der Beklagte dem Kläger 566 EUR als Darlehen bewilligt und gestützt auf § 42a SGB II ab 01.11.2012 die Aufrechnung des Darlehensrückzahlungsanspruchs gegen den laufenden Leistungsanspruch iHv 10% der Regelleistung (37,40 EUR) erklärt.

Mit Urteil vom 23.01.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Leistung zur Deckung der Mietkaution als Zuschuss, da diese gem. § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II im Regelfall als Darlehen zu erbringen sei. Ein atypischer Fall liege nicht vor, weshalb der Beklagte keine Ermessenserwägungen anzustellen habe. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht; soweit in der Rechtsprechung diese geäußert worden seien (SG Berlin, Beschluss vom 30.09.2011 - S 37 AS 24431/11 ER), folge die Kammer dem nicht.

Gegen diese am 26.02.2015 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 05.03.2015 die vom Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er hält die Bewilligung der Leistung für die Mietkaution als Zuschuss aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.01.2015 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2012 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Begleichung der Mietkaution iHv 566 EUR für die Wohnung E...

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