Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 15 Buchst a SGB 7. sachlicher Zusammenhang. stationäre Anschlussheilbehandlung. Aussteigen aus Massagegerät. abgeschlossene ärztliche Behandlung. Unerheblichkeit eines etwaigen Fehlverhaltens der Therapeutin
Orientierungssatz
Zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls gem § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 15 Buchst a SGB 7 bei einem Sturz beim Herabsteigen vom Massagegerät unmittelbar nach Abschluss der ärztlich verordneten Massagebehandlung im Rahmen einer stationären Anschlussheilbehandlung.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.05.2008 geändert. Unter Aufhebung des Bescheides vom 22.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2005 wird festgestellt, dass es sich bei dem Unfall der Klägerin vom 22.06.2005 um einen Arbeitsunfall handelt.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei dem Unfall, den die Klägerin während einer stationären Behandlung am 22.06.2005 erlitten hat, um einen Arbeitsunfall handelt.
Die 1938 geborene Klägerin befand sich nach einer Knieoperation vom 08. bis 23.06.2005 zur Anschlussheilbehandlung in der Klinik E in Bad E. Kostenträger dieser Maßnahme war die Bahn-Betriebskrankenkasse (Bahn-BKK). Am 22.06.2005 wurde die Klägerin von der Physiotherapeutin K W auf einem bettartigen Massagegerät ("Hydrojet") in der Bäderabteilung der Klinik behandelt. Als die Klägerin nach dem Ende der Behandlung den Hydrojet unter Hilfestellung der Therapeutin verlassen wollte, rutschte sie auf der Kante der Massageliege sitzend mit ihren Füßen auf dem Boden weg und fiel auf das Gesäß. Hierbei zog sie sich eine Fraktur des linken Oberschenkels zu.
Gegenüber der Bahn-BKK gab die Klägerin an, dass die Therapeutin sie nach der Behandlung im Hydrojet in einem Ruck hochgezogen habe; da die Therapeutin ihr die Hausschuhe noch nicht angezogen gehabt habe und sie - die Klägerin - mit ihren Füßen bzw. den Thrombosestrümpfen auf den glatten Boden geraten sei, sei sie ausgerutscht und auf ihr Gesäß gefallen.
Frau W führte in ihrem Unfallbericht vom 23.06.2005 aus: Nach dem Ende der Therapie im Hydrojet habe sie der Klägerin in den Stand helfen wollen und ihr unter den Arm gegriffen. Dabei habe die Klägerin auf der Kante des Hydrojets gesessen, ohne die Beine anzuwinkeln. Durch das Tragen der Kompressionsstrümpfe habe sie auf dem glatten Boden den Halt verloren und sei nach vorne gerutscht. Sie habe die Patienten nicht mehr oben halten können, also habe sie sie langsam zu Boden gelassen.
Mit Bescheid vom 22.08.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 22.06.2005 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Unfall sei nicht wesentlich durch eine durch den Aufenthalt in der Klinik begründete Gefahr oder die eigene Mitwirkung der Klägerin an der Rehabilitation verursacht worden.
Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend, im Unfall habe sich die durch den Aufenthalt in der Reha-Klinik begründete Gefahr, im Zusammenhang mit einer medizinischen Anwendung eine Körperverletzung zu erleiden, verwirklicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2005 wies die Beklagte den Rechtsbehelf der Klägerin zurück. Sie führte aus, dass alle Tätigkeiten, die im inneren Zusammenhang mit der Heilbehandlung stünden, versichert seien. Das Risiko der ärztlichen Behandlung werde vom Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 15a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht erfasst. Zu dem nicht abgesicherten Risiko gehörten auch etwaige falsche oder unterlassene Maßnahmen des Pflegepersonals.
Die Klägerin hat am 22.12.2005 Klage erhoben und vorgetragen: Sie - die Klägerin - sei durch die Teilnahme an der von der Bahn-BKK gewährten stationären Behandlung in der Reha-Klinik gegen Arbeitsunfälle versichert gewesen und sie habe unmittelbar im Zusammenhang mit einer ärztlich angeordneten Anwendung einen Unfall erlitten. Die Behandlung im Hydrojet habe im inneren Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an der stationären Rehabilitation gestanden, da sie dadurch in typischer Weise an der ihr gewährten Heilbehandlung mitgewirkt habe. Im Ausrutschen auf dem Untergrund beim Aufstehen vom Hydrojet habe sich die typische Gefahr verwirklicht, die entsprechende stationäre Behandlungen mit sich brächten. Die Teilnahme an der stationären Heilbehandlung in Gestalt der Behandlung im Hydrojet sei auch wesentlich ursächlich für den Unfall gewesen. Die Beklagte ist auf ihrem Standpunkt verblieben.
Das Sozialgericht hat die Akten des Landgerichts Paderborn - 3 O 79/06 - beigezogen. Der von der Klägerin wegen der Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen die Eigentümerin der Klinik, deren Haftpflichtversicherung und die Therapeutin angestrengte ...