Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss des Wechsels aus einer bindend bewilligten Altersrente in eine andere Altersrentenart

 

Orientierungssatz

1. Gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB 6 ist nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen. Die Vorschrift verwehrt damit die Bewilligung einer begehrten abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236 b SGB 6, wenn bereits vorher eine andere Altersrente, z. B. eine mit Abschlägen in Anspruch genommene Altersrente für langjährig Versicherte nach § 236 SGB 6, bindend bewilligt war. Beide Renten sind jeweils Renten wegen Alters i. S. des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB 6.

2. Ein Wechsel i. S. des § 34 Abs. 4 SGB 6 liegt immer dann vor, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die begehrte abschlagsfreie Rente erst nach der Bewilligung und während des Bezugs der abschlagsbehafteten Rente eingetreten sind.

3. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Weder das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 und 2 GG noch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 02.11.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger aus dem laufenden Bezug einer vorzeitigen, mit Abschlägen in Anspruch genommenen Altersrente für langjährig Versicherte nach § 236 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in eine abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte nach § 236b SGB VI wechseln kann.

Der am 00.00.1941 geborene Kläger beantragte am 29.07.2004 bei der Beklagten eine Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des 63. Lebensjahres. Hierzu reichte er unter anderem den von ihm ausgefüllten und unterschriebenen Vordruck R240 ein. Der Vordruck enthielt folgenden Hinweis:

"Eine vorzeitige Inanspruchnahme der jeweiligen Altersrente (frühestens ab Vollendung des 60. oder 63. Lebensjahres) ist möglich; die monatliche Rente fällt dann jedoch - zeitlich unbegrenzt - für jeden vorgezogenen Monat um 0,3 % niedriger aus."

Der Kläger beantragte einen Altersrentenbeginn am 01.12.2004 mit einer Rentenminderung von 0,3 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme.

Mit Bescheid vom 08.09.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger unter Zugrundelegung von 584 Monaten Beitragszeit antragsgemäß eine Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01.12.2004. Bei der Berechnung nahm sie aufgrund der Inanspruchnahme der Rente zwölf Monate vor Erreichen der Regelaltersrente einen Abschlag auf den Zugangsfaktor um 0,036 auf 0,964 vor. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Während des laufenden Altersrentenbezugs beantragte der Kläger am 24.05.2014 bei der Beklagten, den Rentenbescheid gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben und im Sinne der geänderten rechtlichen Verhältnisse neu zu erlassen. Er verwies hierzu auf eine zum 01.07.2014 in Kraft tretende Änderung des Renteneintrittsalters bei Zurücklegung von mindestens 45 Beitragsjahren.

Die Beklagte deutete diesen Antrag als einen Antrag auf Gewährung einer Rente für besonders langjährig Versicherte und damit als einen Antrag auf einen Wechsel der Rentenart. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 22.07.2014 mit der Begründung ab, nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI sei es ausgeschlossen, von einer bindend bewilligten und bereits bezogenen Altersrente in eine andere Altersrente zu wechseln.

Hiergegen legte der Kläger am 31.07.2014 Widerspruch ein und führte aus, mit Einführung des § 236b SGB VI sei eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 SGB X eingetreten mit der Konsequenz, dass der Bescheid über Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des 63. Lebensjahres mit Ablauf des 30.06.2014 aufzuheben und die ab dem 01.07.2014 mit Rechtsanspruch ausgestattete, ungekürzte Altersrente mit Dauerwirkung mit Neubescheid zu gewähren sei. § 34 Abs. 4 SGB VI könne auf den neu eingeführten § 236b SGB VI nicht angewandt werden. Eine andere Auslegung des Gesetzes würde den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen. Außerdem hätte in seinem letzten Rentenbescheid vom 03.05.2010 ein ausdrücklicher Hinweis auf § 34 Abs. 4 SGB VI erfolgen müssen. Dies wäre dann möglicherweise Anlass gewesen, auf die vorzeitige Inanspruchnahme der bisher bezogenen Rente zu verzichten.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2014 zurück, weil gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen sei. Diese Regelung solle sicherstellen, dass Versicherte, die sich bereits für eine Altersrente entschieden haben, nicht mehr in eine andere Rente wechseln könnten. Der Ausschluss gelte auch in den Fällen, in denen sich durch einen Wechsel zum Beispiel...

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