Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Genehmigungsfähigkeit einer diabetologischen Teil-Berufsausübungsgemeinschaft. Berufsausübungsgemeinschaft. Vertretung aller Fachdisziplinen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Genehmigung einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft steht nicht entgegen, dass ein vollständiger Leistungskomplex vergesellschaftet werden soll.

 

Orientierungssatz

1. Die Genehmigungsfähigkeit einer diabetologischen Teil-Berufsausübungsgemeinschaft, scheitert nicht deswegen, weil sie nicht auf "einzelne Leistungen" iSv § 33 Abs 2 S 3 Ärzte-ZV bezogen ist.

2. Alle Facharztdisziplinen, die zur Untersuchung/Behandlung eines Patienten beitragen können, sind geeignet, in einer Berufsausübungsgemeinschaft vertreten zu sein. Auf eine Verwandtheit der einzelnen Fachgebiete kommt es hiernach nicht mehr an. Abgestellt wird somit auf eine konkrete Behandlungssituation und die sich hierdurch ergebende sinnvolle Ergänzung der Fachdisziplinen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.03.2015; Aktenzeichen B 6 KA 21/14 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen zu 7) wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene zu 7) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Genehmigung einer überörtlichen Teil-Berufsausübungsgemeinschaft (Teil-BAG).

Die Klägerin zu 1) ist hausärztlich tätige Fachärztin für Innere Medizin, Hausärztin im DMP Diabetes Typen 1 und 2 und Schwerpunktpraxis im DMP Typen 1 und 2 mit Vertragsarztsitz in L. Der Kläger zu 2) ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Hausarzt im DMP Typen 1 und 2 mit Vertragsarztsitz in L1.

Am 26.05.2011 schlossen die Kläger einen "Gesellschaftsvertrag über die Bildung einer ortsübergreifenden diabetologischen Teilberufsausübungsgemeinschaft". In der Präambel heißt es u.a.

" ... beabsichtigen die Vertragsparteien, sich zum Zwecke der diabetologischen Versorgung inklusive Fußambulanz zu einer überörtlichen Teilberufsausübungsgemeinschaft an den Standorten Q-straße 00 in L sowie G-straße 00 in L1 zusammenzuschließen."

In § 1 "Gegenstand der Gesellschaft" heißt es:

"(1) Gegenstand der Gesellschaft ist die gemeinsame kollegiale und gleichberechtigte Ausübung ambulanter vertrags- und privatärztlicher Tätigkeit als Ärzte zur diabetologischen Versorgung in Form einer überörtlichen Teilberufausübungsgemeinschaft in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)."

Zur Gewinnverteilung regelt § 7 u.a.

"Der Gewinn der Gesellschaft wird zugeordnet durch die Leistungserbringerkennzeichnung in der Praxisabrechnungssoftware".

Weiter enthält der Vertrag Regelungen zu "Beginn, Dauer, Kündigung der Gesellschaft" (§ 2), "Sitz der Gesellschaft, Bezeichnung" (§ 3), "Beiträge, Einbringung, Beteiligung am Vermögen" (§ 4), "Anschaffungen, Investitionen" (§ 5), "Personal" (§ 6), "Gesellschafterversammlung, Gesellschafterbeschlüsse" (§ 9) und "Schriftform, Salvatorische Klausel" (§ 10).

Auf der Grundlage dieses Vertrages stellten die Kläger einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung einer Teil-BAG bzw. überörtlichen BAG.

Mit Beschluss vom 22.06.2011 lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf den Antrag ab: Die Gründung einer Teil-BAG sei gemäß § 15a Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä/EKV-Ä) nur zulässig, wenn das zeitlich begrenzte Zusammenwirken erforderlich sei, um Patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen Versorgung der der Teil-BAG angehörenden Ärzte bedürften und die Ärzte gemeinschaftlich im Rahmen des § 17 Abs. 1 a BMV-Ä/EKV-Ä zur Verfügung stünden. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen das zeitlich begrenzte Zusammenwirken erforderlich sein solle, um Patienten diabetologisch zu versorgen.

Einen hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Beschluss vom 11.01.2012, ausgefertigt als Bescheid am 26.01.2012, zurück: Das Begehren der Antragsteller scheitere nach seiner Auffassung schon am Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Danach sei eine Teil-BAG nur zulässig, wenn sie auf einzelne Leistungen bezogen sei. Selbst wenn diese Vorschrift weit auszulegen sei, könne sie sich nicht auf einen ganzen Behandlungskomplex mit umschriebenen Inhalten beziehen. So lägen die Dinge aber hier. Die Diabetologie sei nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein ein Gegenstand der Zusatzweiterbildung. Die Zusatzweiterbildung Diabetologie umfasse in Ergänzung einer Fachkompetenz die Erkennung, Behandlung und Rehabilitation aller Formen der diabetischen Stoffwechselstörung einschließlich ihrer Komplikationen. Die gemeinsame Behandlung von an Diabetes erkrankten Patienten lasse sich mithin nicht auf einzelne medizinische Maßnahmen reduzieren. Dies würde auch dem fest umschriebenen DMP-Behandlungsprogramm widersprechen, zumal nur die Klägerin zu 1) an diesem Programm teilnehme. Im Übrigen stehe der nachgesuchten Genehmigung auch die Vorschrift des § 15a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä/EKV-Ä entgegen. Der Beklagte verstehe diese Vorschrift so, dass das zeitlich begrenzte Zusammenwirken der Ärz...

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