Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer aufsichtsrechtlichen Verpflichtungsverfügung der Aufsichtsbehörde gegenüber einem Versicherungsträger
Orientierungssatz
1. Die Versicherungsträger unterliegen nach § 87 Abs. 1 S. 1 SGB 4 staatlicher Aufsicht. Die Aufsichtsbehörde kann den Versicherungsträger nach § 89 Abs. 1 SGB 4 verpflichten, eine von ihr beanstandete Rechtsverletzung zu beheben.
2. Eine Rechtsverletzung liegt dann vor, wenn der Versicherungsträger gegen zwingende Vorschriften in für ihn maßgeblichen Gesetzen oder sonstigem Recht verstoßen hat, diese also fehlerhaft angewendet oder nicht beachtet hat.
3. Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch gesetzlich Krankenversicherter, die das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, auf Durchführung einer ambulanten Hautkrebsvorsorgeuntersuchung im Rahmen der Regelversorgung existiert nicht.
4. Die Regelungsbefugnis der Gesamtvertragsparteien ist insoweit begrenzt, als sie sich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und der aufgrund Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften bewegen muss.
5. Die Aufsichtsbehörde ist nach § 87 Abs. 1 S. 1 i. V. m. §§ 89 Abs. 1 S. 2, 90 Abs. 1 S. 1 SGB 4 berechtigt zur Aufforderung gegenüber dem Versicherungsträger, eine vom geltenden Recht nicht gedeckte Vereinbarung zur Versorgung der Versicherten zu kündigen.
Tenor
Die Klage gegen den Verpflichtungsbescheid vom 05.02.2013 wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Klägerin verpflichtet wird, die zum 01.01.2012 in Kraft getretene Anlage 2 zum Gesamtvertrag nach § 83 SGB V (Durchführung einer Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchung für Versicherte bis zur Vollendung des 35. Lebensjahres) zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See fristgerecht (3 Monate zum Jahresende) zum 31.12.2015 zu kündigen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine aufsichtsrechtliche Verpflichtungsverfügung der Beklagten.
Im Mai 2012 legte die Klägerin der Beklagten unter Bezugnahme auf § 71 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) den zwischen ihr und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Saarland geschlossenen Gesamtvertrag zur Regelung der vertragsärztlichen Versorgung ab 01.01.2012 vom 08.12.2011 einschließlich der als Anlage 2 getroffenen Vereinbarung über die Durchführung einer ambulanten Hautkrebsvorsorge-Untersuchung für Versicherte bis zur Vollendung des 35. Lebensjahres vom 08.12.2011 (Anlage 2 zum Gesamtvertrag) vor.
Die Beklagte wies die Klägerin darauf hin (Schreiben vom 29.05.2012, 06.06.2012 und 05.07.2012), dass hinsichtlich der Regelungen zur Hautkrebsvorsorge-Untersuchung Bedenken gegen die Konzeption als Anlage zum Gesamtvertrag bestünden; bei der vereinbarten Leistung handele es sich nämlich um keine Leistung des gesetzlichen Leistungskatalogs. Angezeigt sei stattdessen eine Ausgestaltung der Leistung als Vertrag nach § 73c SGB V. Seit 2008 sei zwar bekannt, dass die Knappschaft Verträge zu Hautkrebsvorsorge-Untersuchungen als Anlage zu Gesamtverträgen abgeschlossen habe. Das schließe aber eine Vertragsanpassung nicht aus. Bereits mit Rundschreiben vom 22.07.2008 und auch mit Rundschreiben vom 08.04.2009 (beide Az. II 1 - 5423.0 - 3399/06) seien alle bundesunmittelbaren Krankenkassen darüber informiert worden, dass diese z.T. noch bestehende Vertragskonstellation nicht der Rechtslage entspreche.
Die Klägerin unterrichtete die Beklagte zunächst (Schreiben vom 12.07.2012), dass zu der Problematik Gespräche mit der KV Saarland angestrebt seien, teilte dann aber mit (Schreiben vom 14.09.2012), dass ihre Bemühungen zum Abschluss von Änderungsverträgen zur ambulanten Hautkrebsvorsorge-Untersuchung gescheitert seien. Die KV Saarland habe darauf hingewiesen, dass sie eine Vertragsregelung nach § 73c SGB V schon allein im Hinblick auf die damit verbundene einjährige Mindestbindungsfrist für nicht zielführend halte. Beim Hautkrebs-Screening handele es um eine einmalige Leistung, die nur alle zwei Jahre abgerufen werden könne. Entgegen der eigentlichen Zielsetzung des § 73c SGB V komme der Patient in der Regel zielgerichtet zum Zweck der Screening-Untersuchung in die Hautarztpraxis, eine längerdauernde ärztliche Versorgung sei von den Patienten nicht beabsichtigt. Deshalb sei es auch nicht sinnvoll, formelle Teilnahmeerklärungen aufzunehmen und diese z.B. in den patientenbezogenen Praxisunterlagen jahrelang zu verwalten. Im Übrigen sei auch den niedergelassenen Vertragsärzten eine neue Lösung wegen der damit verbundenen praktischen Auswirkungen nicht zu vermitteln, der bürokratische Aufwand sei unverhältnismäßig. Eine Vereinbarung nach § 73c SGB V sei lediglich dann akzeptabel, wenn die Inanspruchnahme der Leistung als konkludente Einschreibung des Versicherten in den Vertrag gewertet werden könne und somit eine ausdrückliche schriftliche Einverständnis- bzw. Teilnahmeerklärung des Versicherten nicht e...