Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgung. Mitarbeiter im Management. Bestandsschutz
Orientierungssatz
1. Eine nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB 6 ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1.4.1995 dauert nicht an für eine Folgebeschäftigung als „Chief Executive Officer (CEO) Service“ (Mitarbeiter im Management) an. Dies gilt auch, wenn nach der Beschäftigung im Management wieder eine einer Rechtsanwaltstätigkeit vergleichbare Tätigkeit im Unternehmen aufgenommen wurde.
2. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass die - aus § 6 Abs 5 S 1 SGB 6 entnommene - gesetzliche Bezugnahme auf die "jeweilige Beschäftigung" sich ausschließlich auf diejenige Beschäftigung bezieht, die im Befreiungsantrag angegeben worden ist, und sich nicht einmal auf folgende gleichartige Beschäftigungsverhältnisse erstreckt. Eine andere als die "jeweilige Beschäftigung" liegt schon vor, wenn eine (gleichartige) Beschäftigung bei einem neuen Arbeitgeber aufgenommen wird (vgl BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R = BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9 = juris Rdnr 16ff, BSG vom 5.12.2017 - B 12 KR 11/15 R, vom 22.10.1998 - B 5/4 RA 80/97 R = BSGE 83, 74 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12, BSG vom 7.12.2000 - B 12 KR 11/00 R = SozR 3-2600 § 6 Nr 5 und abweichend BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 5/10 R = SozR 4-2600 § 231 Nr 5 = juris Rdnrn 21ff).
3. Es ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass auch der in den Formularbescheiden der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) verwendete Begriff "jeweilig" keine Variable iSv "jeweils ausgeübte Beschäftigung", sondern eine Konstante iSv "konkret im Antrag angegebene befreiungsbegründende Beschäftigung" enthält (vgl BSG vom 13.12.2018 - B 5 RE 1/18 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 18). Die weiteren (erläuternden) Hinweise zur Fortdauer der Befreiung für die sich an eine Pflichtmitgliedschaft anschließende freiwillige Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und Formulierung auf der Rückseite des Bescheids, wonach die Befreiung "erst mit dem förmlichen Widerruf durch die BfA" endet, geben zu einer abweichenden Auslegung keine Veranlassung.
4. Sie enthalten damit keine - möglicherweise rechtswidrige, aber aufgrund der Bestandskraft des Bescheides maßgebliche - Regelung dahingehend, dass die Befreiung für alle Folgebeschäftigungen bei dem gleichen Arbeitgeber gelten (Anschluss an BSG vom 13.12.2018 - B 5 RE 3/18 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 19, B 5 RE 1/18 R aaO, vom 22.3.2018 - B 5 RE 5/16 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 16).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 9.4.2018 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).
Der 1962 geborene Kläger ist Volljurist. Er war ab dem 00.00.1992 bei der Firma L Industrietechnik in E als "Jurist für den Bereich Recht innerhalb des Zentralbüros Recht/Patente/Versicherungen des Zentralbereiches Vorsitzender der Geschäftsführung" versicherungspflichtig beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 00.00.1992). Zum 1.5.1993 ging das Arbeitsverhältnis auf die P GmbH über. Die P GmbH firmierte anschließend in L-Fördertechnik GmbH um. Zum 1.2.1997 wechselte der Kläger auf die Stelle eines Referenten in der Zentralfunktion Recht/Patente bei der L Fördertechnik GmbH (Arbeitsvertrag vom 28.1.1997). Zum 1.4.1999 wurde ihm die Leitung des Funktionsbereiches "Recht/Patente" übertragen. Die Firma L Fördertechnik GmbH firmierte 1999 in U Fördertechnik GmbH um. Ab dem 1.1.2012 war der Kläger als Geschäftsführer (Arbeitsvertrag vom 9.12.2011), ab dem 1.2.2013 als Geschäftsbereichsleiter und Mitglied der erweiterten Geschäftsführung (Arbeitsvertrag vom 18.2.2013) und ab 1.10.2014 zusätzlich unter Abgabe der Führung der Rechtsabteilung als "Chief Executive Officer (CEO) Services" der "C" (Ergänzungsvereinbarung vom 29.9./7.10.2014) bei der U Fördertechnik GmbH tätig. Das Unternehmen U Fördertechnik GmbH verschmolz nachfolgend mit der U Q AG, welche in U Ressource Technologies AG umfirmierte. Nach Durchführung weiterer Verschmelzungen firmiert die U Ressource Technologies AG nunmehr als U Industrial Solutions AG (im Folgenden einheitlich: Beigeladene). Das Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen endete am 30.6.2018.
In seinem Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 30.8.1994, gerichtet an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf, gab der Kläger als Kanzleisitz "G-Straße 00, E, bei c/o L Fördertechnik GmbH" an. Der Kläger ist seit dem 1.2.1995 als Rechtsanwalt zugelassen und seit dem 2.3.1995 aufgrund seiner Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer I d...