Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Übernahme der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung. Höhe. Begrenzung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Begrenzung der Beitragsübernahme der Bundesagentur für Arbeit für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 174 Abs 2 SGB 3 auf den ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht zu entrichtenden Beitrag verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
2. Auch die versicherungsfreien Leistungsbezieher werden von der Beschränkung der Beitragsübernahme erfasst (vgl ua BSG vom 3.6.2009 - B 12 AL 3/07 R = SozR 4-4300 § 207a Nr 2).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.03.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.03.2019, mit dem es ihre Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung höherer Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung abgewiesen hat.
Die im Jahr 1959 geborene Klägerin ist bei der Beigeladenen, einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung, kranken- und pflegeversichert. Die Versicherungsprämien betrugen ab dem 01.01.2016 monatlich für die Krankenversicherung 521,91 EUR und für die Pflegeversicherung 29,64 EUR.
Auf die Arbeitslosmeldung vom 02.03.2016 mit Wirkung zum 01.06.2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.06.2016 mit einer Anspruchsdauer von 540 Tagen nach einem monatlichen Bemessungsentgelt von 3683,10 EUR, einem täglichen Bemessungsentgelt von 122,87 EUR und einem täglichen Leistungssatz in Höhe von 50,90 EUR (Bewilligungsbescheid vom 07.07.2016). Ferner übernahm die Beklagte ab diesem Zeitpunkt die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 174 SGB III in Höhe von 462,98 EUR für die Kranken- und in Höhe von 29,64 EUR für die Pflegeversicherung. Zur Begründung führte die Beklagte aus, sie übernehme höchstens die Beiträge, die bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen wären. Die Beiträge würden errechnet, indem der Beitragssatz - in der gesetzlichen Krankenversicherung 15,70% und in der gesetzlichen Pflegeversicherung 2,350 % - auf das Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsentgelt angewandt werde. Das Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsentgelt betrage 80 % des Bemessungsentgelts, jedoch höchstens 80 % der Beitragsbemessungsgrenze. Ausgehend von dem der Berechnung des Arbeitslosengeldes der Klägerin zugrunde liegenden täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 122,87 EUR ergebe sich daraus ein KV-Leistungsentgelt in Höhe von 98,2960 EUR. Bei dem im Jahre 2016 maßgeblichen Beitragssatz in Höhe von 15,70 v.H. errechne sich daraus ein täglicher KV-Beitrag in Höhe von 15,4325 EUR, mithin ein KV-Beitrag im Monat von 462,98 EUR. Bei der entsprechenden Berechnung des Beitrags zur Pflegeversicherung ergebe sich ein PV-Beitrag aus gesetzlicher Versicherung in Höhe von 69,30 EUR. Bei einer von der Klägerin geschuldeten Prämie in Höhe von nur 29,64 EUR sei auch nur dieser Betrag zu übernehmen.
Mit Schreiben vom 24.08.2016 legte die Klägerin zunächst sowohl gegen die Berechnung des Arbeitslosengeldes als auch des Beitrags zur Krankenversicherung Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Berechnung der gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträge gem. § 174 SGB III sehe keine von der Beklagten vorgenommene Deckelung der Beiträge auf 80 % des Bemessungsentgeltes von 3.739,49 EUR vor. Es müssten also 15,7 % von 3.739,49 EUR gezahlt werden, also 587,10 EUR. Das entspreche dem gesetzlichen Beitrag. Eine Ungleichbehandlung zwischen privat und gesetzlich Krankenversicherten verbiete der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der privat Krankenversicherte müsse die ihm fehlenden 20 % vom Beitrag, der sich ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ergeben würde, selbst zahlen. Demgegenüber würden bei einem gesetzlich Krankenversicherten die fehlenden 20 % von der gesetzlichen Krankenkasse bzw. von der Beklagten getragen. Bei einem privat Krankenversicherten ziehe man einfach 20 % vom Beitrag, der ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen wäre, nach § 174 Abs. 2 SGB III ab. Dafür gäbe es keinen Rechtshintergrund. Entsprechend führe die korrekte Berechnung der gesetzlichen Pflegeversicherungsbeiträge gem. § 174 SGB III zu einem Pflegeversicherungsentgelt tgl. von 99,72 EUR und nicht 98,96 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Als beitragspflichtige Einnahme der krankenversicherungspflichtigen Bezieher würden 80 % des Arbeitsentgelts, das...