Entscheidungsstichwort (Thema)

Implantatbehandlung gehört grundsätzlich nicht zum Leistungsumfang der Krankenkassen

 

Orientierungssatz

1. Implantologische Leistungen gehören nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB 5 grundsätzlich nicht zur vertragszahnärztlichen Behandlung sondern nur dann, wenn in den Zahnbehandlungsrichtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB 5 eine Ausnahmeindikation als besonders schwerer Fall ausdrücklich aufgeführt ist.

2. Der in den Zahnbehandlungsrichtlinien aufgeführte größere Kiefer- oder Gesichtsdefekt für sich allein begründet noch keinen Anspruch auf Implantatbehandlung als Kassenleistung, sondern nur, wenn er im Rahmen einer Gesamtbehandlung durchgeführt werden muss; daran fehlt es, wenn die Implantatversorgung nicht auf mehr als nur die Wiederherstellung der Kaufähigkeit gerichtet ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 01.09.2004 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte (dem Grunde nach) verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten einer Implantatbehandlung zu erstatten.

Die Beklagte gewährte der am 00.00.1957 geborenen und bei ihr krankenversicherten Klägerin im Jahr 1997 eine Versorgung mit fünf Implantaten sowie darauf aufbauendem Zahnersatz (Bescheide vom 02.06. und 03.07.1997). Am 02.11.2001 wurde bei der Klägerin aufgrund einer computertomographischen Untersuchung eine interforaminale Zyste im Unterkiefer diagnostiziert und am 21.11.2001 zusammen mit drei noch im Unterkiefer befindlichen Implantaten entfernt. Zugleich implantierte Dr. T, N, fünf neue Implantate.

Am 01.03.2002 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und beantragte - bezogen auf die Implantatversorgung der Jahre 1997 bis 2001 - die "Aussetzung der Verjährung". Später legte sie einen chirurgischen Implantatplan des Dr. T, N, ohne Datum, über 7.078,19 EUR sowie einen Behandlungsplan der Dres. X, N, über eine prothetische Zahnbehandlung, datierend vom 22.02.2002, über geschätzte 9.592,- EUR vor.

Durch Bescheid vom 26.03.2002 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme für die Versorgung mit Zahnimplantaten ab. Die Kosten der Suprakonstruktion könnten nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und nach Vorlage eines vertraglichen Heil- und Kostenplanes im gesetzlichen Umfang erstattet werden. Den dagegen am 04.02.2002 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 24.04.2002 zurück.

Die Klägerin hat am 22.05.2002 Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben.

Sie hat die Auffassung vertreten, bei ihr liege eine Ausnahmeindikation i.S.d. Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Zahnbehandlungs-RL in der Fassung vom 24.10.1998, Bundesanzeiger Nr. 177) vor. Es habe sich in ihrem Fall um eine Zyste sowie Entzündungen i.S. dieser Richtlinien gehandelt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.03.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2002 zu verurteilen, die Kosten für die am 21.11.2001 durchgeführte Implantatversorgung zu übernehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass eine Ausnahmeindikation i.S.d. Zahnbehandlungs-RL nicht vorgelegen habe.

Das Sozialgericht hat ein Sachverständigengutachten des Zahnarztes Dr. I, N, eingeholt, in dem der Sachverständige unter dem 20.06.2003 u.a. ausgeführt hat: Vor der hier strittigen Implantatversorgung habe bei der Klägerin röntgenologisch eine Periimplantitis, eine extreme Knochenatrophie sowie eine interforaminale Zyste im Bereich der bestehenden Implantate vorgelegen. Seiner Ansicht nach habe eine Ausnahmeindikation für eine Implantatversorgung bestanden, nämlich ein größerer Kieferdefekt durch Operation einer Zyste sowie eine Periimplantitis mit Entzündung des Kiefers. Die generalisierte Kieferkammatrophie sei insbesondere im Seitenzahnbereich so massiv gewesen, dass eine konventionelle prothetische Versorgung nicht mehr möglich gewesen sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 01.09.2004 hat der Sachverständige Dr. I ergänzend dargelegt, dass man bei der Beurteilung des Vorliegens eines größeren Kieferdefekts i.S.d. Zahnbehandlungs-RL berücksichtigen müsse, dass nicht nur die Zyste ausgeräumt und später entsprechendes Knochenmaterial nachgefüllt werden musste, sondern dass ein großer Teil der Kieferoberfläche zusätzlich habe abgetragen werden müssen.

Durch Urteil vom 01.09.2004 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, die Kosten für die am 21.11.2001 durchgeführte Implantatbehandlung zu übernehmen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihr am 27.09.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.10.2004 Berufung eingelegt.

Zur Begründung bringt sie vor: Implantologische Versorgungen dürften von den Krankenkas...

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