Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung. Haftungsrisiko
Orientierungssatz
Zur Berücksichtigung des Haftungsrisikos bei der Bestimmung der Rechtsanwaltsgebühr.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 26.07.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Kosten des Verwaltungsvorverfahrens. Hierbei ist insbesondere streitig, ob bei der Bemessung der Gebühren das Haftungsrisiko des Prozessbevollmächtigten (§ 14 Abs. 1 Satz 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -) zu berücksichtigen ist.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger für die Zeit ab 06.04.2005 Arbeitslosengeld für 240 Tage (Verfügung vom 10.05.2005). Den täglichen Leistungssatz in Höhe von 30,95 Euro minderte sie gemäß § 140 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB III) um 15,47 Euro, so dass ein Betrag von 15,48 Euro zur Auszahlung gelangte. Darüber hinaus lud sie den Kläger zum 31.05.2005 gemäß § 309 SGB III ein. Nachdem der Kläger nicht zur Einladung erschienen war, setzte sie ihn über eine von ihr veranlasste vorläufige Zahlungseinstellung in Kenntnis und lud ihn erneut für den 10.06.2005 ein.
Der Kläger trug daraufhin vor, dass er ab dem 13.06.2005 eine selbständige Tätigkeit aufnehme. Am 31.05.2005 sei er bei einem Vorstellungsgespräch in L gewesen. Die Beklagte teilte mit, dass in der Zeit vom 01.06.2005 bis 07.06.2005 eine Sperrzeit wegen Meldeversäumnisses eingetreten sei, und und setzte den Kläger davon in Kenntnis, dass sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld um sieben Tage mindere. Außerdem hob sie den Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 01.06.2005 bis 07.06.2005 auf und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 108,36 Euro geltend (Bescheid vom 27.06.2005).
Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Rechtsanwalt am 04.07.2005 Widerspruch. Er teilte mit, dass der Widerspruch noch begründet werde und beantragte die Gewährung von Akteneinsicht. Die Beklagte hob sodann den angefochtenen Bescheid vom 27.06.2005 auf und teilte mit, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten dem Grunde nach erstattet werden (Abhilfebescheid vom 09.08.2005).
Am 17.08.2005 übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine Kostennote vom 16.08.2005. Diese war wie folgt aufgeschlüsselt:
Geschäftsgebühr in sozialrechtl . Angelegenheiten § 14, Nr. 2500 VV RVG 240,00Euro
Gebühr Zuschlag Haftungsrisiko § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG 50,00 Euro
Post und Telekommunikation 20,00 Euro
Zwischensumme netto 310,00 Euro
16 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 49,60 Euro
Zu zahlender Betrag 359,60 Euro.
Die Beklagte setzte daraufhin die von ihr zu erstattenden Kosten wie folgt fest:
Gebühr gem. § 3 RVG 240,00 Euro
Auslagenpauschale 20,00 Euro
insgesamt 260,00 Euro
zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer 41,60 Euro
Erstattungsbetrag 301,60 Euro.
Die Beklagte führte weiterhin aus, dass sie zu dem Ergebnis gelangt sei, dass es sich bei dem vorliegenden Streitverfahren um einen Normalfall handele, so dass die Mittelgebühr in Ansatz zu bringen gewesen sei. Eine zusätzliche Übernahme des Zuschlages "Haftungsrisiko" könne nach Teil 3, Abschnitt 1, 3101 Nr. 3 VV RVG in sozialgerichtlichen Vorverfahren nicht erfolgen, da sich die Gebührenhöhe in diesen Fällen ausschließlich nach § 3 RVG richte (Bescheid vom 24.08.2005).
Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass bei Rahmengebühren gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG das Haftungsrisiko im Rahmen der Festsetzung der Gebühr stets zu berücksichtigen sei.
Den Widerspruch wies die Beklagte zurück; dazu führte sie im Wesentlichen aus, dass die geforderte Gebühr für ein Haftungsrisiko in Höhe von 50,00 Euro nicht übernommen werden könne. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG könne zwar bei der Bemessung ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts herangezogen werden. Dies aber nur, wenn es sich um ein besonderes Risiko handele. Ein solches Risiko sei nicht schon dann gegeben, wenn es um das mit jeder Anwaltstätigkeit verbundene Risiko einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung des Anwalts oder seiner Erfüllungsgehilfen gehe. Gegenstand des Vorverfahrens sei die Aufhebung einer Sperrzeit gewesen, die kein besonderes Haftungsrisiko nach sich ziehe (Widerspruchsbescheid vom 31.08.2005).
Der Kläger hat mit der am 13.09.2005 erhobenen Klage geltend gemacht, dass nicht nachzuweisen sei, ob und in welchem Umfang ein Haftungsrisiko in dem vorliegenden Verfahren gegeben sei. Ausschlaggebend sei vielmehr allein, dass abstrakt gesehen ein Haftungsrisiko bestehe. Grundsätzlich sei das Haftungsrisiko in den Gebühren unmittelbar enthalten. Bis zur Einführung des RVG sei dies auch in sozialrechtlichen Angelegenheiten der Fall gewesen. Erst durch das RVG und die Veränderung der Struktur der Berechnung sei ein Sonderposten "Haftungsrisiko" eingeführt worden.
Der Kläger hat beantragt,
die Be...