Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss eines Witwenrentenanspruchs bei Beitragserstattung zugunsten des Versicherten
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Witwenrente setzt voraus, dass der verstorbene Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die Anrechnung nichtdeutscher Versicherungszeiten verlangt, dass der verstorbene Ehemann überhaupt deutsche Beitragszeiten besitzt.
2. Ist eine Beitragserstattung durchgeführt worden, so ist das zuvor bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst und die Anwartschaft damit erloschen.
3. Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich ein Erstattungsantrag, ein wirksamer Erstattungsbescheid und eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung vorliegen.
4. Die Beweisregel des ersten Anscheins gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren. Ein durch Antrag eingeleitetes und durch bewilligenden Bescheid abgeschlossenes Verwaltungsverfahren zur Beitragserstattung lässt bei Fehlen entgegenstehender Tatsachen typischerweise den Schluss zu, dass ein Erstattungsbescheid zugegangen und die geschuldete Leistung bewirkt worden ist.
Tenor
Soweit die Klägerin die Gewährung einer finanziellen Unterstützung begehrt, wird die Berufung als unzulässig verworfen und die Klage abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 15.12.2010 zurückgewiesen.
Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist Hinterbliebenenrente, im zweiten Rechtszug außerdem hilfsweise eine finanzielle Unterstützung.
Die am 00.00.1944 geborene Klägerin ist marokkanische Staatsangehörige und lebt in Marokko. Sie war die Ehefrau des 1937 geborenen und am 00.00.2008 verstorbenen marokkanischen Staatsangehörigen N(o) (B) N (so frühere Namensvarianten) bzw B L (im Folgenden Versicherter).
Der Versicherte war in der Bundesrepublik Deutschland vom 21.10.1963 bis zum 10.12.1975 (mit Unterbrechungen) versicherungspflichtig beschäftigt. Danach kehrte er nach Marokko zurück und lebte dort bis zu seinem Tod.
Er beantragte mehrmals bei verschiedenen deutschen Rentenversicherungsträgern die Gewährung einer Altersrente. Die Anträge wurden stets mit der Begründung abgelehnt, die zur deutschen Rentenversicherung bis zum 10.12.1975 entrichteten Beiträge seien mit Bescheid vom 29.11.1977 erstattet worden (Bescheid der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schwaben - jetzt: DRV Schwaben - vom 17.8.2001 sowie die Bescheide der Beklagten vom 24.5.2005 und vom 13.9.2005).
Auch einen noch 2005 erneut gestellten Antrag auf Altersrente lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 6.1.2006; Widerspruchsbescheid vom 30.5.2006). Dagegen klagte der Versicherte sowohl vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund (Aktenzeichen (Az) S 6 KN 199/06) als auch vor dem SG Augsburg (Az S 14 R 432/06, nach Verweisung an das SG Dortmund dortiges Az S 6 KN 174/09). Vor dem SG Dortmund trug er vor, er habe damals "ein die Abfindungskapital aus der Betrieb beantragt", aber er habe weder schreiben können noch von den Konsequenzen der "Arbeitsbetriebsabfindung" gewusst. Ferner legte er eine Kopie eines an ihn unter einer marokkanischen Anschrift gerichteten Bescheides der (früheren) Bundesbahn-Versicherungsanstalt (BVA) vom 16.7.1976 über die Beitragserstattung betreffend die dortige Zusatzversicherung sowie eine Kopie der Seite 1 eines an einen Q U in T adressierten Bescheides der BVA vom 29.11.1977 über die Beitragserstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung des Versicherten (Versicherungsnummer 000) vor. Darin wird ausgeführt, auf den Antrag vom 10.7.1977 werden aus der Versicherung von N N Beiträge in Höhe von 15.472,70 DM an die VOBA Teilzahlungsbank erstattet. Die Erstattung schließe weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten aus. Hierzu führte er aus, die Beiträge habe damals Herr U für ihn beantragt und die BVA habe den Erstattungsbetrag an Herrn U - als "Zwischenperson" - überwiesen. Er - der Versicherte - habe von diesem Betrag aber nur 6.000 Dirham (DH), also ca 1.000 DM, erhalten. Herr U habe ihn angelogen und den Rest für sich selbst behalten. Herr U habe ausgenutzt, dass er weder schreiben noch lesen könne. Er wolle den Rest des Geldes haben und gegen Herrn U in einem Zivilverfahren vorgehen (Schreiben vom 16.4.2007). Das SG Dortmund wies die Klage ab: Der Versicherte könne keine Rentenleistung aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung beantragen. Ihm seien die zur Rentenversicherung entrichteten Beiträge erstattet worden. Dass er uU von dem als "Zwischenperson" eingeschalteten Herrn U um einen Teil der Beiträge betrogen worden sei, ändere nichts. Mit der Anweisung des Erstattungsbetrages in der im Erstattungsbescheid ausgewiesenen Höhe habe die seinerzeit zuständige BVA ihre Zahlungspflicht erfüllt (Gerichtsbescheid vom 3.8.2007). Dagegen legte der Versicherte kein Rechtsmittel ein. Im Klageverfahren vor dem SG Augsburg, das nach Verweisung vor dem SG Dortmund durch Zurückn...