Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Vergangenheit wegen Einkommenserzielung. Abfindung. Nichteinlösung des ausgehändigten Schecks. Weiterleitung des Schecks zur Schuldentilgung
Orientierungssatz
1. Zu berücksichtigendes Einkommen iS von § 11 SGB 2 ist all das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält. Dazu zählt auch eine Abfindung. Wird diese mittels Scheck gezahlt, so bereichert der Scheck zu dem Zeitpunkt, zu dem er ausgehändigt wurde und der Inhaber des Schecks über ihn verfügen konnte, wertmäßig dessen vorhandenes Vermögen. Eine andere Beurteilung kommt nicht dadurch in Betracht, dass der Scheck nicht zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts eingelöst wird, sondern zur Schuldentilgung weitergeleitet wird.
2. Bei der Ermittlung des anzurechnenden Einkommens ist eine Schuldentilgung grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig. Es besteht die Pflicht des Hilfebedürftigen, die bedarfssteigernde Tilgung von Schulden zu unterlassen. Zwar darf einem Hilfebedürftigen, der sich durch Schuldentilgung pflichtwidrig verhalten hat, eine Leistung zum Lebensunterhalt nicht vorenthalten werden, wenn er keine bereiten Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts hat. Ein solche existenzielle Notlage entsteht jedoch nicht im Fall eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides für die Vergangenheit, in dem der Erstattungspflichtige eine Stundung, Ratenzahlung oder den Erlass der Erstattungsforderung beantragen kann.
Tenor
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.07.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld II für die Monate August und September 2008 in Höhe von insgesamt, verteilt auf die drei Klägerinnen, 897,51 EUR.
Die am 00.00.1966 geborene Klägerin zu 1) lebte in den streitgegenständlichen Monaten August und September 2008 mit ihrer am 00.00.1992 geborenen Tochter S (Klägerin zu 2)) und ihrer am 00.00.1996 geborenen Tochter E (Klägerin zu 3)) in einer Bedarfsgemeinschaft, zu der damals auch noch die am 00.00.1990 geborene Tochter N gehörte. Die Bedarfsgemeinschaft stand bereits vor August 2008 im Leistungsbezug nach dem SGB II.
Auf den Fortzahlungsantrag vom 07.07.2008 hin bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 09.07.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab 01.08.2008 in Höhe von 1.078,03 EUR im Monat, wobei bekanntes Einkommen der beteiligten Personen berücksichtigt worden war. Auf die Klägerin zu 1) entfiel danach ein Leistungsanspruch in Höhe von 615,63 EUR (Regelleistung zuzüglich Mehrbedarf 435,00 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung - KdU - 180,63 EUR), auf die Klägerin zu 2) ein Anspruch in Höhe von 307,64 EUR (Regelleistung 127,00 EUR, KdU 180,64 EUR) und auf die Klägerin zu 3) ein Leistungsanspruch für KdU in Höhe von 44,64 EUR. Auf die weitere Tochter N entfielen 110,12 EUR.
Im Rahmen der Bearbeitung des Fortzahlungsantrages vom 09.12.2008 wurde dem Beklagten durch einen Datenabgleich bekannt, dass die Klägerin zu 1) aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma C GmbH im Zeitraum vom 21. bis 31.07.2008 Gehalt bezogen und aufgrund des Endes eines Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma H GmbH zum 31.08.2008 eine Abfindung erhalten hatte. Auf Nachfrage übersandte die Firma C am 03.03.2009 eine Einkommensbescheinigung, aus der hervorgeht, dass die Klägerin vom 21. bis 31.07.2008 237,60 EUR netto verdient habe. Die Firma H teilte auf Anfrage mit Schreiben vom 04.03.2009 mit, dass die Klägerin zu 1) mit der Abrechnung für August 2008 eine Abfindung in Höhe von 900,00 EUR per Scheck erhalten habe.
Der Beklagte forderte die Klägerin zu 1) daraufhin auf, einen Nachweis über die Zahlung der Abfindung vorzulegen. Der Vater der Klägerin zu 1), Herr W., teilte sodann mit Schreiben vom 13.03.2009 mit, dass der von der Firma H auf seine Tochter ausgestellte Scheck über 900,00 EUR von dieser an ihn weitergegeben worden sei, weil sie in der Vergangenheit noch offene Geldschulden bei ihm gehabt habe. Den Scheck habe er eingelöst und als Ausgleich für die Schulden verwendet.
Mit Schreiben vom 04.05.2009 teilte der Beklagte den Klägerinnen mit, dass er beabsichtige, Aufhebungs- und Erstattungsbescheide gegenüber den Klägerinnen sowie der volljährigen Tochter N aufgrund der erzielten Einkommen bei den Firmen C und H zu erlassen und räumte ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme ein. Mit Schreiben vom 10.08.2009 teilten die Klägerinnen mit, dass der Scheck in Höhe von 900,00 EUR nicht als Vermögenszufluss zu bewerten sei, da die Klägerin zu 1) diesen sofort an ihren Vater zum Schuldenausgleich weitergeleitet hätte, ohne ihn vorher einzulösen.
Am 11.08.2009 erteilte der Beklagte gegenüber den Klägerinnen zu 1) bis 3) einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem...