Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs des Versicherten auf einen den Festbetrag übersteigenden Zuschuss zum Zahnersatz bzw. eines zusätzlichen Betrags bei unzumutbarer Belastung
Orientierungssatz
1. Bei bestehender zahnärztlicher Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse nach § 87 Abs. 1a SGB 5 i. V. m. Anlage 2 und 3 zum BMV-Z die Festzuschüsse. Diese werden gezahlt, wenn der Zahnersatz in der bewilligten Form innerhalb von sechs Monaten entsprechend dem vorgegebenen Heil- und Kostenplan (HKP) eingegliedert wird.
2. Wird die Frist nicht eingehalten, so ist die entsprechende Genehmigung des HKP wirkungslos geworden.
3. Nach § 55 Abs. 2, 1. HS. haben Versicherte bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zum Festzuschuss Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden.
4. Diese Norm fingiert eine unzumutbare Belastung, wenn die anzurechnenden monatlichen Bruttoeinnahmen des Versicherten zum Lebensunterhalt 40 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB 4 nicht überschreiten.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15. Januar 2020 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger einen den Festbetrag übersteigenden Zuschuss zum Zahnersatz beanspruchen konnte.
Der 1948 geborene Kläger war Zahnarzt und ist als Rentner bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er bezieht eine Leistung zur Altersversorgung vom Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer M (im Folgenden: AVW) in Höhe von monatlich 2.837,88 EUR (Stand 15. Dezember 2017). Er ist nicht anspruchsberechtigt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII; Bescheid der Stadt X vom 28. Mai 2020).
Der geschiedene Kläger schuldet seiner früheren Ehefrau rückständige Unterhaltszahlungen von ca. 48.381 EUR (Stand 6. Dezember 2017) und seinem Sohn von ca. 37.837 EUR (Stand 16. Dezember 2014). Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen des Amtsgerichts (AG) M1 vom 15. Mai 2012 (Az. 4 aM 972/12) und vom 21. Januar 2015 (Az. 4 aM 2476/14) wurde die dem Kläger gewährte Rente der AVW in Höhe von 1.001,88 EUR zugunsten des Sohnes und in Höhe von 816,34 EUR zugunsten der früheren Ehefrau der Zwangsvollstreckung unterworfen.
Mit Beschluss vom 23. Februar 2018 stellte das AG M1 (Az. 00 aM 00/14) fest, dass dem Kläger - befristet bis zum 31. Januar 2019 - bis zur Deckung des Gläubigeranspruchs von seinem Nettoeinkommen für seinen eigenen notwendigen Unterhalt ein Betrag von 800,00 EUR zuzüglich 536,36 EUR monatlich (Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge) sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau der nach § 850c Zivilprozessordnung (ZPO) pfändbare Betrag zu verbleiben hat. Auf die Beschwerde des Klägers änderte das Landgericht (LG) P die Entscheidung insoweit ab, als dem Kläger von dem errechneten Nettoeinkommen bis zur Deckung des Gläubigeranspruchs für seinen eigenen notwendigen Unterhalt 848,00 EUR zuzüglich 550,55 EUR monatlich sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau der nach § 850c ZPO pfändbare Betrag verbleiben muss (Beschluss vom 20. Mai 2019 (Az. 2 T 159/19)).
Seit dem 1. Oktober 2017 leistet der Kläger an seine frühere Ehefrau monatlichen Unterhalt in Höhe von 200,00 EUR (Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Celle vom 12. Dezember 2018 (Az. 12 UF 199/18)).
Nach Vorlage eines Heil- und Kostenplanes (HKP) Nr. 00 des Zahnarztes Dr. L, M1, vom 3. Mai 2018 mit geschätzten Behandlungskosten für Zahnersatz von insgesamt 2.315,85 EUR (geschätztes zahnärztliches Honorar 815,85 EUR, geschätzte Material- und Laborkosten 1.500 EUR), eines weiteren HKP vom 3. Mai 2018 (Nr. 000) für eine "Interimsversorgung" mit geschätzten Behandlungskosten von insgesamt 456,72 EUR (zahnärztliches Honorar 106,72 EUR, Material- und Laborkosten 350 EUR) und eines Antrages "auf Befreiung von der Zuzahlung des Eigenanteils an den Kosten für Zahnersatz" vom 7. Mai 2018 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2018 zum HKP Nr. 00 einen Zuschuss entsprechend der Regelversorgung in Höhe von 1.094,79 EUR. Eine weitergehende Leistung könne der Kläger nicht beanspruchen, da sein Einkommen über der für Härtefälle geltenden Grenze liege. Eine Entscheidung zum Leistungsanspruch im Hinblick auf die mit HKP Nr. 000 geplante Interimsversorgung traf die Beklagte nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides vom 23. Mai 2018 nebst Anlage Bezug genommen.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 29. Mai 2018 Widerspruch gegen die Nichtbewilligung des Härtefallantrages. Sein Einkommen werde aufgrund hoher, titulierter Unterhaltsrückstände gepfändet. Ihm stehe daher nur der Pfändungsfreibetrag zur Verfügung. Einwendungen gegen die Höhe des Festbetrages erhob der Kläger nicht.
Mit Widerspru...