rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Dortmund (Entscheidung vom 05.11.1997; Aktenzeichen S 26 (12) Kr 113/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05. November 1997 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Auskunft.
Die Klägerin zahlte ihrem Versicherten Hxxx Hxxxxxx (im Folgenden: der Versicherte) in der Zeit vom 05.10.1992 bis 13.03.1993 für 160 Kalendertage Krankengeld in Höhe von insgesamt DM 21.760,00 brutto bzw. DM 19.148,80 netto.
Der frühere Geschäftsführer der Beklagten Pxxxxxx gab in einer Verdienstbescheinigung zur Berechnung von Krankengeld am 11.11.1992 an, der Versicherte sei seit dem 26.08.1992 arbeitsunfähig. Wegen einer Vorerkrankung auf Grund derselben Krankheit habe Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts vom 20. bis 21.08.1992 bestanden. Das volle Arbeitsentgelt sei während der Arbeitsunfähigkeit bis 04.10.1992 gezahlt worden. Demgegenüber teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 12.07.1993 mit, eine Unterbrechungsmeldung könne nicht ausgestellt werden. Der Versicherte habe während der gesamten Dauer der Arbeitsunfähigkeit sein Gehalt weiter bezogen. Auf Anfrage der Klägerin ergänzte die Beklagte mit Schreiben vom 09.11.1993, der Versicherte habe im streitigen Zeitraum das volle Arbeitsentgelt erhalten und die Zahlungen seien in der monatlichen Gehaltsabrechnung als Gehalt aus gewiesen worden. Sie legte die Abrechnung für Dezember 1992 vor mit einem Gehalt von brutto DM 9.850,00, VWL-Arbeitgeberanteil von DM 52,0, privater Autonutzung in Höhe von DM 676,60 und einem Gesamtverdienst von DM 10.578,60 brutto bzw. DM 7.473,39 netto.
Mit Schreiben vom 10.06.1996 forderte die Klägerin von der Beklagten die Erstattung des überzahlten Krankengeldes in Höhe von DM 21.760,00. Der Schadensersatzanspruch ergebe sich aus § 98 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren (SGB X) sowie aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 98 SGB X. Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04.05.1994 - 1 RS 2/92 - BSGE 74, 139 ff. - SozR 3-1300 § 98 Nr. 1 stehe dem nicht entgegen. Die Beklagte lehnte die Erfüllung der Schadensersatzforderung mit Schreiben vom 24.05.1996 ab. Eine Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Zur Begründung verwies sie auf die vorgenannte Entscheidung des BSG vom 04.05.1994.
Mit ihrer am 14.08.1996 erhobenen Klage hat die Klägerin schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 21.760,00 nebst 4 % Zinsen seit dem 29.06.1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 05.11.1997 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 21.760,00 DM zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Klage sei mit dem Hauptanspruch begründet. Der von der Klägerin begehrte Schadensersatz folge aus einer positiven Forderungsverletzung im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderbeziehung zwischen den Beteiligten. Die Beklagte habe ihre Auskunftspflicht verletzt, indem sie der Klägerin fälschlich mit teilte, der Versicherte habe eine Vergütungsfortzahlung infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nur bis zum 04.10.1992 erhalten, obschon er seine Vergütung in Wahrheit ohne Unterbrechung erhalten hatte. Infolge dessen habe die Klägerin dem Versicherten in einem Zeitraum Krankengeld gezahlt, in dem der Anspruch gem. § 49 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) - geruht habe. Die Beklagte habe diese Falschauskunft jedenfalls fahrlässig erteilt. Denn am 11.11.1992 habe schon längst festgestanden, dass die Vergütung über den 04.10.1992 hinaus fortgezahlt worden sei. Der betreffende Mitarbeiter der Beklagten habe damit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gemäß § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB analog außer Acht gelassen. Dieses Verschulden ihres Erfüllungsgehilfen sei der Beklagten gem. § 278 Satz 1 BGB analog zuzurechnen. Da die Klägerin das überzahlte Krankengeld wegen des Vertrauensschutzes nicht vom Versicherten gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 1 und 2 SGB X zurückerhalten könne, sei durch die Falschauskunft der Beklagten in adäquat kausaler Weise ein Schaden in Höhe von DM 21.760,00 entstanden. Die öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung resultiere aus dem besonders engen Verhältnis, in dem sich die Beteiligten als Sozialversicherungs- bzw. Krankenversicherungsträger einerseits und Arbeitgeber andererseits gegenüber stünden. Anders als in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall, der dem Urteil vom 04.05.1994 zu Grunde liege, habe die Beklagte vorliegend auch genau um Gegenstand und Reichweite der Fürsorgepflicht sowie um die aus einer Pflichtverletzung resultierenden Konsequenzen gewußt. Deshalb sei nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen der positiven Forderungsverletzung ein Schadensersatzanspruch anzunehmen, au...