Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Ausschluss der Beschwerde gegen die Entscheidung des Sozialgerichts im Vergütungsfeststellungsverfahren nach § 55 RVG
Orientierungssatz
1. Wegen des abschließenden Normgefüges der §§ 172ff SGG ist im Vergütungsfeststellungsverfahren nach § 55 RVG die Beschwerde an das LSG gegen die Entscheidung des SG ausgeschlossen.
2. Die Beschwerdemöglichkeit nach § 56 Abs 2 S 1 iVm § 33 Abs 3 RVG ist nur in Verfahrensordnung denkbar, die diese Beschwerdemöglichkeit nicht ihrerseits ausgeschlossen haben.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren über die Höhe der Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Koblenz (SG) waren die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) sowie der Nachteilsausgleich "G" (erhebliche Gehbehinderung) nach dem Sozialgesetzbuch -Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen- (SGB IX) streitig. Das SG gewährte der Klägerin Prozesskostenhilfe zunächst unter Beiordnung der Rechtsanwältin Frau Dr. K und zuletzt mit Beschluss vom 16.11.2006 unter Beiordnung der Beschwerdeführerin. Das Klageverfahren endete -nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens- mit der Annahme eines Anerkenntnisses mit voller Kostenübernahme durch den Beklagten. Der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) setzte nach Antrag der Rechtsanwältin Frau Dr. K die ihr zu gewährende Vergütung auf 220,40 € fest. Hiergegen wurde keine Erinnerung eingelegt. Mit Festsetzung vom 7.3.2007 gewährte der UdG der Beschwerdeführerin eine Vergütung in Höhe von 313,20 € und berücksichtigte dabei eine Verfahrensgebühr nach Nr 3102 VV RVG in Höhe von 150,-- €, eine Terminsgebühr nach Nr 3106 VV RV G in Höhe von 100,-- € sowie eine Auslagenpauschale (20,-- €) zuzüglich Umsatzsteuer (43,20 €).
Die Beschwerdeführerin legte gegen diese Festsetzung Erinnerung ein, da ein überdurchschnittlicher Sachumfang vorgelegen habe. Festzusetzen seien 545,20 €. Der Bezirksrevisor legte Anschlusserinnerung ein, da bereits die Rechtsanwältin Frau Dr. K eine Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr erhalten habe. Es verbleibe nur noch eine Vergütung von 197,20 €.
Mit Beschluss vom 19.11.2007 hat das SG die Erinnerung und die Anschlusserinnerung zurückgewiesen. Die von dem UdG ermittelte Gesamtgebührenhöhe sei angemessen. Der von der Beschwerdeführerin am 10.12.2007 -entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses- eingelegten Beschwerde hat das SG nicht abgeholfen.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, die Beschwerde sei zulässig. § 178 Sozialgerichtsgesetz (SGG) finde keine Anwendung. Das RVG sei nicht das allgemeinere, sondern das speziellere Gesetz. Die gegenteilige Auslegung der Landessozialgerichte verwundere, da dieser Grundsatz im übrigen Verwaltungsrecht unbestritten sei. Die Beschwerde sei auch begründet. Das SG habe den umfangreichen Einarbeitsaufwand nicht ausreichend zur Kenntnis genommen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen.
Gemäß § 172 SGG findet gegen die Entscheidung des SG mit Ausnahme der Urteile die Beschwerde statt, soweit nicht im SGG etwas anderes bestimmt ist. Nach § 178 S 1 SGG entscheidet das Gericht endgültig, wenn gegen eine Entscheidung des UdG das Gericht angerufen wird. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Festsetzung des UdG Erinnerung eingelegt, über die die zuständige Richterin mit Beschluss vom 19.11.2007 entschieden hat. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angegriffen werden, weil das SG "endgültig" entschieden hat. Hieran ändert auch die Rechtsmittelbelehrung über die Beschwerde nichts. Die nach der Rechtsmittelbelehrung mögliche Beschwerde gegen richterliche Beschlüsse im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 56 Abs 2 S 1 iVm § 33 Abs 3 RVG steht der Beschwerdeführerin nicht zu.
Wegen des abschließenden Normgefüges der §§ 172 ff SGG (vgl hierzu LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.12.2006, Az.: L 8 B 4/06 SO SF, LSG Berlin, Beschluss vom 28.2.2005, Az.: L 9 B 166/02, Beschluss des erkennenden Senats vom 8.11.2007, Az.: L 4 B 323/07 SB) ist im Vergütungsfeststellungsverfahren nach § 55 RVG die Beschwerde an das LSG gegen die Entscheidung des SG ausgeschlossen. Nach der Systematik des SGG sind auf eine Erinnerung ergangene Beschlüsse des SG unanfechtbar. Neben der Regelung des § 178 S 1 SGG sieht deshalb das SGG für das Kostenfestsetzungsverfahren in § 197 Abs 2 SGG und im Verfahren zur Feststellung der Pauschgebühr in § 189 Abs 2 SGG nur eine gerichtliche -endgültige- Entscheidung auf die Erinnerung gegen die Entscheidung des UdG vor, nicht aber eine Beschwerdemöglichkeit gegen den auf die Erinnerung hin ergangenen Beschluss.
Die Beschwerdemöglichkeit nach § 56 Abs 2 S 1 iVm § 33 Abs 3 RVG ist danach nur in Verfahrensordnungen denkbar, die diese Beschwerdemöglichkeit nicht ihrerseits ausgeschlossen haben (vgl LSG Berlin, aaO; LSG Niedersachsen-Bremen, aaO; LSG Rheinland-Pfalz, aaO)...