nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschuss zur Verbesserung des Wohnumfeldes. Einbau eines Treppenlifters. Behindertengerechter Umbau der Dusche. Leistungsklage. Private Pflegeversicherung. Veränderung. Pflegesituation. Bindungswirkung. Feststellungen eines Sachverständigen
Leitsatz (redaktionell)
Wurde bereits eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes durchgeführt, setzt eine erneute Zuschussgewährung voraus, dass sich die Pflegesituation objektiv ändert (z.B. Hinzutreten einer weiteren Behinderung oder altersbedingte Ausweitung des Pflegebedarfs eines Behinderten) und dadurch im Laufe der Zeit Schritte zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes erforderlich werden, die bei der Durchführung der ersten Umbaumaßnahme noch nicht notwendig waren. Dieser zur sozialen Pflegeversicherung aufgestellte Grundsatz (BSG, Urteil v. 3.11.1999, B 3 P 6/99 R) gilt entsprechend für die private Pflegeversicherung.
Normenkette
SGB XI § 40 Abs. 4, § 14 Abs. 4 Nr. 3; VVG § 12 Abs. 3, § 178b Abs. 4, § 64 Abs. 1 S. 1; MB/PPV 1996 § 17 Abs. 2, § 4 Abs. 7, § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 08.12.2005; Aktenzeichen S 5 P 53/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 8.12.2005 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, über die Gewährung eines Zuschusses zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob die Beklagte zu Recht die Gewährung eines Zuschusses zur Verbesserung des Wohnumfeldes des Klägers abgelehnt hat.
Der 1936 geborene Kläger, der von seiner Ehefrau gepflegt wird, ist aufgrund eines privaten Pflegeversicherungsvertrages pflegeversichert. Er ist insbesondere aufgrund der Folgen mehrerer Schlaganfälle mit nachfolgender Hemiparese sowie einer Multiplen Sklerose pflegebedürftig und bezog zunächst Pflegeleistungen nach der Pflegestufe II; seit dem 1.1.2005 erhält er Leistungen nach der Pflegestufe III. Seit Januar 2005 kommt zu ihm zweimal täglich ein Pflegedienst.
Zunächst hatte der Kläger mit seiner Ehefrau in dem von ihm erbauten Einfamilienhaus in der Erdgeschosswohnung gewohnt. Für den Einbau einer Dusche in dem zu dieser Wohnung gehörenden Badezimmer hatte ihm die Beklagte im März 2002 einen Zuschuss zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes in Höhe von 2.557, EUR gewährt.
Im Oktober 2003 beantragte der Kläger unter Vorlage von Kostenvoranschlägen die erneute Gewährung eines Zuschusses zur behinderungsgerechten Wohnanpassung für den Einbau eines Treppenlifters und den Umbau des Badezimmers, da er mit seiner Ehefrau in die Kellerwohnung seines Eigenheimes umgezogen sei. Die Beklagte holte ein Gutachten der Pflegefachkraft H von der Firma M ein (Hausbesuch am 25.10.2003). Darin hieß es: Der Kläger bewohne nunmehr mit seiner Ehefrau, die an einer Tumorerkrankung leide, die Einliegerwohnung in dem ehemaligen Einfamilienhaus im Keller, da sie die große Wohnung nicht mehr vollständig hätten nutzen können. Seine Tochter und sein Schwiegersohn, die zuvor in der Einliegerwohnung gewohnt hätten, seien in die große Wohnung umgezogen und Eigentümer des Hauses geworden. Es sei so die Pflegefachkraft H nachvollziehbar, dass der Kläger infolge seiner fortschreitenden Grunderkrankung und der Erkrankung seiner Ehefrau in eine kleinere Wohnung gezogen sei. Auch seien die beantragten Maßnahmen in der neuen Wohnung zu deren Nutzung erforderlich. Da aber bereits in der alten Wohnung entsprechende Maßnahmen gefördert worden seien und der Umzug zwar nachvollziehbar, aber nicht wegen einer pflegerelevanten Veränderung des Gesundheitszustandes bzw des Behinderungsbildes notwendig gewesen sei, könne eine erneute Zuschussgewährung nicht empfohlen werden. Eine veränderte Wohn- oder Versorgungssituation stelle keine Indikation für eine weitere wohnumfeldverbessernde Maßnahme dar. Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19.11.2003, das keinen Hinweis auf die Klagefrist enthielt, den Antrag auf Zuschussgewährung ab und führte aus, die bereits durchgeführten und die noch beabsichtigten baulichen Veränderungen seien als eine einheitliche Maßnahme anzusehen, da sich die Pflegesituation zwischenzeitlich nicht geändert habe. Hieran hielt die Beklagte, auch in Ansehen des „Widerspruchs” des Klägers vom 5.12.2003 in einem weiteren Schreiben vom 21.1.2004 (mit Hinweis auf die Klagefrist) fest.
Am 1.6.2004 hat der Kläger Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat diese mit Urteil vom 8.12.2005 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Zuschuss zum Einbau eines Treppenlifters und zum behindertengerechten Umbau der Dusche als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes im Sinne des § 40 Abs 4 SGB XI. En...