Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. MDK. Abrechnungsprüfung. Krankenhausbehandlung. Einsichtnahme in Behandlungsunterlagen. Nichtberücksichtigung von Vorschriften über ärztliche Schweigepflicht und Verletzung von Privatgeheimnissen

 

Orientierungssatz

Eine Krankenkasse hat kein eigenständiges Recht auf Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen (vgl BSG vom 23.7.2002 - B 3 KR 64/01 R = BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3). Vielmehr ist sie insoweit auf ein Tätigwerden des MDK angewiesen, der im Falle einer Abrechnungsprüfung ausdrücklich ermächtigt ist, die erforderlichen Sozialdaten bei den Krankenhäusern anzufordern und verpflichtet ist, den Krankenkassen sodann die notwendigen Informationen, dh das Ergebnis der Begutachtung und die erforderlichen Angaben über den Befund, mitzuteilen (vgl BSG vom 28.5.2003 - B 3 KR 10/02 R = SozR 4-2500 § 109 Nr 1). Diesbezüglich greift die ärztliche Schweigepflicht und § 203 StGB nicht ein.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.04.2009; Aktenzeichen B 3 KR 24/07 R)

 

Tenor

1.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 10.04.2006 wird zurückgewiesen.

2.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

3.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig sind Vergütungsansprüche für Krankenhausleistungen.

Die Klägerin ist Rechtsträgerin der Fachklinik B. Deren Internistische Abteilung wird vom Beigeladenen belegärztlich geleitet. Der 1929 geborenen E S, einer Versicherten der Beklagten, verordnete der Beigeladene am 28.06.2001 Krankenhausbehandlung wegen instabiler Angina pectoris und nahm sie am selben Tag in seine Belegabteilung auf; nach Entlassung am 04.07.2001 wurde sie bis zum 06.07.2001 im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in T stationär behandelt und sodann erneut am 06.07.2001 aufgenommen und bis zum 11.07.2001 wegen atherosklerotischer Herzkrankheit in der Belegabteilung des Beigeladenen stationär behandelt.

Mit am 02.07.2001 eingegangenem Kostenübernahmeantrag zeigte das klagende Krankenhaus der Beklagten die erste Krankenhausbehandlung der Versicherten an. Die Beklagte bat am 04.07.2001 um Vorlage einer vollständigen Aufnahmeanzeige (mit Einweisungsschein), die das Krankenhaus nachreichte; am 09.07.2001 ging die Entlassungsanzeige des Krankenhauses bezüglich des ersten Krankenhausaufenthaltes bei der Beklagten ein. Diese beauftragte am 12.07.2001 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung der Notwendigkeit, Art und Dauer der Krankenhausbehandlung unter Hinweis auf die während der einwöchigen Dauer erfolgte zweimalige Durchführung einer Darmspiegelung. Die vom MDK am selben Tag mit dem Zusatz "Abgrenzung amb/stat" sowie erneuter Anfrage vom 19.07.2001 vom Krankenhaus erbetene Zusendung des Krankenhausentlassungsberichtes zur Überprüfung der Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit lehnte das Krankenhaus mit Schreiben des Beigeladenen vom 16.07.2001 und 14.09.2001 ab. Dieser führte aus, es werde eine Begründung vermisst, die Zweifel an der Notwendigkeit bzw. der Dauer der stationären Behandlung aufzeige.

Die Krankenhausbehandlung der Versicherten ab dem 06.07.2001 zeigte das Krankenhaus mit am 10.07.2001 bei der Beklagten eingegangenem Kostenübernahmeantrag an, am 20.07.2001 übersandte das Krankenhaus die Entlassungsanzeige. Die Beklagte beauftragte auch hinsichtlich dieser Behandlung am 27.07.2001 den MDK mit einer sozialmedizinischen Überprüfung, der am selben Tag wegen Zweifeln an der Notwendigkeit, Dauer und Art der Krankenhausbehandlung mit dem Zusatz "wieso noch 6-tägiger Aufenthalt bei Verlegung aus Trier!" ergebnislos die Krankenhausentlassungsberichte anforderte.

Mit Rechnungen vom 08.01.2001 berechnete das Krankenhaus für die erste Behandlung tagesgleiche Pflegesätze für sechs Behandlungstage in Höhe von 2.139,36 DM (1.093,84 €) und für die zweite Behandlung für weitere fünf Behandlungstage tagesgleiche Pflegesätze in Höhe von insgesamt 1.783,70 DM (911,99 €). Beide Forderungen beglich die Beklagte in der Folge nicht; sie verzichtete mit Schreiben vom 28.11.2003 auf die Verjährungseinrede.

Die am 27.06.2005 erhobene Klage auf Zahlung von 2.005,83 € nebst 2 vH-Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.01.2002 hat das Sozialgericht Mainz (SG) durch Urteil vom 10.04.2006 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der geltend gemachte Vergütungsanspruch nach § 109 Abs. 4 S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) stehe der Klägerin nicht zu, weil sie den zwischen den Beteiligten geltenden Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V über die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV) nicht eingehalten habe. Diese Nichteinhaltung des vertraglich vereinbarten Verfahrens führe zwar nicht generell, aber dann zum Verlust der Rechtsposition, wenn der andere Vertragspartner sich nicht mehr auf die Nachholung einstellen muss (Hinweis auf BSG 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R, BSGE 89, 104). D...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge