Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung im Alter. Einsatz des den notwendigen Lebensunterhalt überschreitenden Erwerbseinkommens des Leistungen nach SGB 2 beziehenden Ehegatten. verfassungskonforme Auslegung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Prüfung, ob das Erwerbseinkommen des nicht getrennt lebenden Ehegatten, der selbst Leistungen nach SGB 2 bezieht, gem § 43 Abs 1 SGB 12 iVm § 19 Abs 2 S 2 SGB 12 den notwendigen Lebensunterhalt überschreitet, ist der Bedarf des Ehegatten nach dem SGB 12 zu ermitteln, wobei der nach dem SGB 2 festzustellende notwendige Lebensunterhalt nicht durch den Einsatz des Einkommens unterschritten werden darf.

2. Das Erwerbseinkommen des Ehegatten ist sodann gem §§ 43 Abs 1, 19 Abs 2 S 2, 82ff SGB 12 in Höhe des Differenzbetrages einzusetzen, der sich im Vergleich der Berechnungen gem SGB 12 und SGB 2 durch unterschiedliche vom Einkommen abzusetzende Freibeträge ergibt.

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 14.11.2007 abgeändert. Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Grundsicherungsleistungen ohne Anrechnung des Einkommens seiner Ehefrau zu gewähren sind.

Der 1939 geborene Kläger erhält von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit nach dem Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch - (SGB XII). Seine 1947 geborene Ehefrau bezieht von der Gesellschaft für Arbeitsmarktintegration (GfA) Vorderpfalz-Ludwigshafen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II).

Mit Bescheid vom 14.12.2005 bewilligte die GfA der Ehefrau des Klägers für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2006 Leistungen in Höhe von monatlich 370,12 Euro. Der Berechnung wurde ein Regelsatz in Höhe von 345,00 Euro zu Grunde gelegt. Von dem der Ehefrau in Höhe von 260,40 Euro  ausgezahlten Erwerbseinkommen berücksichtigte die GfA (bedarfsmindernd) einen Betrag von 128,32 Euro.

Mit Bescheid vom 22.12.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 30.04.2007. Bei der Bedarfsberechnung wurde der Mischregelsatz von 311,00 Euro monatlich zu Grunde gelegt. Als Einkommen wurden eigene Einkünfte des Klägers aus einer Erwerbstätigkeit sowie ein Einkommensanteil der Einkünfte seiner Ehefrau in Höhe von 94,29 Euro für den Monat Januar und für die folgenden Monate in Höhe von 93,99 Euro berücksichtigt. In den Einkommensbeträgen der Ehefrau war ein Betrag in Höhe von 34,00 Euro enthalten, weil bei der Bedarfsberechnung der Ehefrau durch die GfA der Regelsatz in Höhe von    345,00 Euro und nicht der Mischregelsatz in Höhe von 311,00 Euro zu Grunde gelegt wurde.

Der Kläger erhob Widerspruch.

Mit Bescheid vom 04.01.2006 bewilligte die Beklagte Grundsicherungsleistungen vom 01.02.2006 bis zum 30.04.2007 in Höhe von 338,66 Euro monatlich; das Einkommen der Ehefrau wurde mit 64,87 Euro berücksichtigt.

Mit Bescheid vom 30.01.2006 stellte die Beklagte eine Nachzahlung für das Jahr 2005 wegen geänderter Warmwasserkosten fest. Die Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab Januar 2006 wurden erhöht. Die Bedarfsberechnung ergab gegenüber dem früheren Bescheid einen höheren Betrag; für den Januar 2006 486,07 Euro, ab Februar 2006 einen Betrag in Höhe von 486,37 Euro. Das Einkommen der Ehefrau des Klägers wurde im Januar 2006 in Höhe von 62,68 Euro berücksichtigt, für die Zeit ab Februar 2006 in Höhe von 62,38 Euro.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.2006 wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von Grundsicherungsleistungen ohne Berücksichtigung eines Einkommensanteils seiner Ehefrau. Der Anspruch des Klägers auf Grundsicherungsleistungen ergebe sich aus § 42 Abs. 2 SGB XII. Nach § 43 Abs. 1 SGB XII seien das Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten, die den Bedarf des Antragsberechtigten nach dem SGB XII übersteigen würden, entsprechend § 19 SGB XII zu berücksichtigen. § 19 Abs. 2 S. 2  SGB XII sehe die Berücksichtigung des Einkommens und des Vermögens des nicht getrennt lebenden Ehegatten bei der Gewährung von Grundsicherungsleistungen im Alter ausdrücklich vor. Daher seien alle Einkünfte des Ehegatten, die dessen eigenen Bedarf nach dem SGB XII übersteigen, als Einkommen des Beziehers von Grundsicherungsleistungen bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Die Berechnung  des Bedarfs für die Ehefrau nach dem SGB XII ergebe, dass der Bedarf im maßgeblichen Zeitraum (ab Februar 2006) um 62,38 Euro geringer gewesen sei als der Bedarf und der Bewilligungsbetrag nach dem SGB II. Damit sei der Anrechnungsbetrag mit 62,38 Euro zutreffend ermittelt.

Am 13.06.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Speyer Klage erhoben (S 16 SO 66/06).

Mit Bescheid vom 12.06.2006 berech...

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