Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. Übergabe der dem Versicherten ausgestellten vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung an Hörgeräteakustiker. auch bei Erstversorgung kein Leistungsantrag gegenüber Krankenkasse. Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers. berufliche Gründe
Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei der Erstversorgung mit Hörgeräten ist in der Übergabe der vertragsärztlichen Verordnung an den Hörgeräteakustiker kein Leistungsantrag gegenüber der Krankenkasse zu sehen (im Anschluss an Urteil des Senats vom 23.10.2013 - L 6 R 425/11 -, Revision anhängig unter B 5 R 8/14 R).
2. Benötigt ein Versicherter ein höherwertigeres Hörgerät ausschließlich aus beruflichen Gründen, hat die Krankenkasse ihre Leistungspflicht grundsätzlich durch die Gewährung des Festbetrags erfüllt. Berufliche Gründe können nicht nur bei der Ausübung von akustischen Kontroll- oder Überwachungsarbeiten bzw. bei Tätigkeiten, welche ein feinsinniges Unterscheiden zwischen bestimmten Tönen und Klängen voraussetzen, gegeben sein.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 28.02.2012 wird zurückgewiesen.
2. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 4 vom Hundert aus 2.512,00 Euro seit 01.02.2009 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Kosten ihrer beidseitigen Hörgeräteerstversorgung.
Die 1963 geborene und bei der Beigeladenen krankenversicherte Klägerin ist gelernte Hauswirtschaftsmeisterin und seit 2003 im H d J des D R K (D ) in B M l als Küchenleitung und Stellvertreterin der Hausverwaltung beschäftigt. Sie ist u.a. für die Personalplanung und Führung der Küche, für die Kommunikation mit Lieferanten, für die Erstellung der Dienstpläne und für die Gäste- und Speiseraumbetreuung zuständig. Mit Hörgeräten war sie bisher nicht versorgt.
Nachdem sie vom Arbeitgeber auf Verständnisschwierigkeiten angesprochen worden war, suchte sie im Juni 2007 die Firma Hörgeräte M (Hörgeräteakustiker) auf und testete mehrere digitale Hörgeräte der Produktgruppe 13.20.03. (vom 28.06. bis 16.08.2007 Centra Aktive von Siemens, vom 16.08. bis 28.09.2007 Micro Eleva von Phonak und vom 28.09.2007 bis 09.05.2008 Prio 106 von Bernafon). Im Patientenfragebogen zur Hörgeräteversorgung vom 28.06.2007 erklärte sie durch ihre Unterschrift gegenüber dem Hörgeräteakustiker, dass sie über das Angebot einer eigenanteilsfreien Versorgung informiert worden sei. Sie sei mit einer von ihr zu leistenden höheren Vergütung für das von ihr ausgewählte Hörsystem einverstanden. Der zugelassene HNO-Arzt Dr. K verordnete ihr am 30.07.2007 wegen einer mittel- bis hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit Hörhilfen. Nach einem Kostenvoranschlag vom 20.09.2007 und einem Anpassbericht vom 05.07.2007 betreffend 2 Hörgeräte Micro Eleva 100dAZ hätte der Eigenanteil der Klägerin 3.212,86 Euro betragen.
Am 09.05.2008 erhielt sie die Hörgeräte Micro Eleva 100dAZ und auf Mitteilung des Hörgeräteakustikers vom 07.10.2008 bescheinigte Dr. K am 09.10.2008, dass durch die vorgeschlagene Hörhilfe eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und dass das Gerät zweckmäßig sei. Die Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers vom 28.06.2007 betreffend eine beidohrige Erstversorgung mit der Versorgungsart 13.20.03. ging am 20.10.2008 bei der Beigeladenen ein, die am 03.11.2008 eine Versorgung zum Festbetrag bewilligte. Mit Rechnung des Hörgeräteakustikers vom 16.12.2008 wurde die Klägerin zur Zahlung von 2.512,86 Euro (4.215,80 Euro abzüglich des Festbetrags von 1.222,94 Euro, eines Rabatts von 500,00 Euro und zuzüglich der Zuzahlung von 20,00 Euro) aufgefordert. Die Beigeladene zahlte den Festbetrag in Höhe von 1.202,94 Euro an den Hörgeräteakustiker am 11.02.2009 aus.
Die Klägerin beantragte am 19.11.2007 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Vorlage der ärztlichen Verordnung, des Kostenvoranschlags vom 20.09.2007 und einer Bescheinigung des D vom 16.08.2007. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 26.11.2007 (der Klägerin zugegangen am 30.11.2007) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2008 ab, da eine über die Basisversorgung hinausgehende höherwertige Hörgeräteausstattung wegen spezieller beruflicher Anforderungen nicht erforderlich sei. Die Hörgeräte würden auch für die im täglichen Leben notwendige Kommunikationsfähigkeit benötigt, weshalb es sich um Leistungen der Krankenversicherung handele.
Die Klägerin hat am 17.03.2008 Klage bei dem Sozialgericht Trier (SG) erhoben.
Das SG hat die AOK Rheinland/Hamburg beigeladen, Auskünfte bei dem D , dem Hörgeräteakustiker, dem GKV-Spitzenverband und der Deutsches Hörgeräte Institut GmbH sowie einen Befundbericht bei Dr. K beigezogen. Auße...