Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeld II. Sanktion wegen Verletzung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung. Zumutbarkeit der Bewerbungsbemühungen. Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes
Leitsatz (amtlich)
1. Die in einer Eingliederungsvereinbarung geregelte Pflicht zur Vornahme von zwei Bewerbungen pro Woche ist einem Arbeitslosen grundsätzlich zumutbar.
2. Lässt sich im Rechtsstreit gegen einen Minderungsbescheid nach § 31a SGB 2 nicht belegen, dass die Erfüllung dieser Pflicht wegen Fehlens ausreichender Stellenangebote nicht möglich war, ist nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast ein wichtiger Grund für das Verhalten gem § 31 Abs 1 S 2 SGB 2 nicht zu bejahen.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 07.08.2013 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Minderungsbescheid nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1956 geborene Kläger beantragte im Mai 2008 erstmals die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Für die Zeit von Dezember 2011 bis Mai 2012 gewährte ihm der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes durch Bescheid vom 11.11.2011, Leistungen für den Zeitraum von Juni 2012 bis November 2012 wurden durch Bescheid vom 23.05.2012 bewilligt.
Der Kläger war in der Vergangenheit in verschiedenen Bereichen beruflich tätig, unter anderem als Versandarbeiter, Lkw-Fahrer und Taxifahrer. Zeitweise war er in der Reisebranche beschäftigt. 2006 gründete er eine eigene Firma mit der Idee, Seniorenreisen anzubieten. Die Tätigkeit war mit gelegentlichen mehrtägigen Auslandsreisen verbunden. Nach eigenen Angaben war diese aber nicht gewinnbringend und wurde 2010 wieder aufgegeben.
Der Kläger pflegt seit 2008 seine 1934 geborene Mutter, die in einer eigenen Wohnung im selben Haus wie er lebt. Sie leidet ua. an den Folgen eines Schlaganfalles und unter Diabetes; seit 2009 ist die Pflegestufe II anerkannt. Der Kläger kümmert sich - wie bereits Ende 2011/Anfang 2012 - morgens um die Körperpflege und das Ankleiden der Mutter, richtet ihre Mahlzeiten und spritzt Insulin. Nachmittags gegen 12.30 Uhr bis ca. 18.00 Uhr benötigt die Mutter ihn nicht, danach muss das Abendessen bereitet und wiederum eine Spritze gegeben werden. Nachts braucht die Mutter in der Regel keine Hilfe. In seltenen Notfällen kann eine Nachbarin einspringen.
Am 29.09.2011 schloss der Kläger mit dem Beklagten eine Eingliederungsvereinbarung ab, die bis zum 29.04.2012 gültig sein sollte. Als Ziele der Vereinbarung sind darin festgehalten: "Pflege der Mutter (Stufe II), Findung 400 EUR Nebentätigkeit oder Teilarbeit". Als Leistung des Beklagten ist neben der Übernahme von nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen die Aufnahme ins Bewerberprofil www.arbeitsagentur.de und das Unterbreiten von Vermittlungsvorschlägen festgehalten, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen. Bzgl. der Pflichten des Klägers wurde geregelt, dass dieser sich auf Vermittlungsvorschläge unverzüglich zu bewerben habe. Außerdem habe er während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung mindestens zwei Bewerbungsbemühungen jede Woche (davon mindestens eine auf ein konkretes Stellenangebot) um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und Nachweise dazu vorzulegen.
Am 20.03.2012 wurde eine neue Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet.
Mit Schreiben vom 03.11.2011 an den Beklagten teilte der Kläger mit, dass er vom 04.10. bis zum 15.10.2011 eine schwere Prellung an Rippen und Ellenbogen erlitten hatte. Als Anlagen legte er Bewerbungsschreiben vor. In der Verwaltungsakte des Beklagten abgeheftet sind ein Schreiben vom 15.10.2011 an H auf eine Anzeige im Internet am 15.10.2011, eine Bewerbung vom 15.10.2011 als Werbeprofi bei der M GmbH, ein Schreiben vom 21.10.2011 an die Versicherung (Bewerbung als Mitarbeiter im Außendienst und Büro auf eine Anzeige vom 19.10.2011) und vom 23.10.2011 auf eine Stelle als Hausverwalter (Internetanzeige vom 23.10.2011). Des Weiteren wurden E-Mail-Bewerbungen als Fahrer für einen Frühstücksdienst sowie bei der G GmbH und bei A vorgelegt. Der Kläger gab ferner an, sich telefonisch bei Callcentern der Tourismusbranche beworben zu haben.
Nach einem Vermerk des Beklagten wurde der Kläger bei einer Vorsprache am 20.03.2012 zu einer beabsichtigten Minderung des Arbeitslosengeldes II wegen Verstoßes gegen die Eingliederungsvereinbarung angehört. Dieser gab an, er habe nicht mehr Stellen gefunden, auf die er sich habe bewerben können.
Durch Bescheid vom 05.04.2012 wurde für die Zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.07.2012 eine Minderung um 30 % des maßgebenden Regelbedarfes, entsprechend 112,20 EUR monatlich, verfügt. Der Kläger sei den Pflichten, mindestens zwei Bewerbungen wöchentlich zu tätigen, nicht nachgekommen. Zur Begründung des Verhaltens sei dargelegt worden, dass keine Stellen mehr g...