Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei der Berechnung der Einkommensgrenze nach § 85 Abs. 1 SGB 12 sind entsprechend § 82 Abs. 2 SGB 12 Versicherungsbeiträge, die als Jahresbeträgen in einem bestimmten Monat anfallen, in diesem Monat voll vom Einkommen abzusetzen und nicht auf die einzelnen Monate des Jahres aufzuteilen
Orientierungssatz
1. Eine Bezieherin von Rente wegen Erwerbsminderung, die keine laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt erhält, hat gegenüber dem Träger der Sozialhilfe keinen Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe für das Jahr 2005, da nach dem SGB 12 seit dem 01.01.2005 außerhalb von Einrichtungen einmalige Leistungen für besondere Anlässe nur noch aus wenigen Gründen, zu denen das Weihnachtsfest nicht gehört, zu gewähren sind (vgl. § 31 Abs. 1 SGB 12, Fassung ab 01.01. 2005).
2. Die in der gesetzlichen Krankenversicherung als Rentnerin Krankenversicherte kann vom Träger der Sozialhilfe weiter nicht die Übernahme von Zuzahlungen zu Leistungen der Krankenversicherung einschließlich der Praxisgebühr beanspruchen. Wie andere Leistungsempfänger nach dem SGB 12 muss sie Zuzahlungen nach § 61 SGB 5 bis zur Belastungsgrenze im Rahmen des § 62 SGB 5 leisten. Gegenüber Empfängern von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ist sie sogar weniger beeinträchtigt, weil ihr bei der Einkommensberücksichtigung gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 ein Freibetrag in Höhe des doppelten Regelsatzes vom Einkommen abzuziehen ist.
3. Die gesetzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB 5 krankenversicherte Rentnerin kann auch nicht die Erstattung der Kosten von auf Privatrezept verordneten Vitamin B 12-Tabletten verlangen. Sie hat keinen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB 12, weil durch die gesetzliche Krankenversicherung die sozialhilferechtliche Krankenhilfe ausgeschlossen ist (Anschluss an LSG Stuttgart, Urteil vom 22. November .2007, L 7 SO 4180/06). Trotz eines Louis-Bar-Syndroms (Ataxia teleangiectatica) mit einem GdB von 100 und mehreren Merkzeichen besteht auch nach § 15 SGB 9 kein Anspruch auf Kostenerstattung, weil dieser eine Anspruchsberechtigung nach dem SGB 5 voraussetzt; eine solche besteht gemäß § 34 Abs 1 S. 1 SGB 5 für die nicht verschreibungspflichtigen Vitamintabletten nicht.
4. Bei der Berechnung des für einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß § 54 Abs. 1 SGB 12 i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB 9 nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB 12 zu berücksichtigenden Einkommens sind nach §§ 85 Abs. 1 SGB 12 Versicherungs- und Mitgliedsbeiträge nach § 82 Abs. 2 SGB 12, die als Jahresbeträge anfallen, nicht auf die einzelnen Monate des Jahres zu verteilen, sondern im Fälligkeitsmonat zu berücksichtigen. Sinkt dadurch das zu berücksichtigende Einkommen um mindestens 204 Euro unter den berechneten Bedarf, so ist die Pauschale für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft voll, nämlich in Höhe von 204 Euro, auszuzahlen.
5. Bei der Berechnung des Einkommens nach § 82 SGB 12 sind von den Einkünften nicht abzusetzen Kosten einer privaten Krankenversicherung, einer Auslandskrankenversicherung, Zuzahlungen nach § 61 SGB 5 sowie ein Mehrbetrag für Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 17% des Regelbetrags, weil diese Positionen der Aufzählung in § 82 Abs. 2 SGB 12 nicht zuzuordnen sind.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 11. September 2008 - S 16 SO 60/06 - abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2006 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.10.2009 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.01.2006 Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Höhe von weiteren 112,03 € zuzüglich Zinsen aus 112,00 € in Höhe von 4 % ab dem 01.08.2006 zu gewähren.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu 1/20.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt noch die Bewilligung einer Weihnachtsbeihilfe für das Jahr 2005, die Übernahme von Zuzahlungen zur gesetzlichen Krankenversicherung für das Jahr 2006, insbesondere der Praxisgebühr iHv 10,00 € im 1. Quartal 2006 und einer Zuzahlung zur Krankengymnastik gemäß Rechnung vom 23.01.2006 iHv 31,90 €, Kostenersatz für Vitamin B 12-Tabletten iHv 10,45 €, höhere Leistungen nach dem Sechsten und Siebten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.03.2006 und die Berücksichtigung pauschaler Werbungskosten bei der Bestimmung der Einkommensgrenze im Bescheid vom 12.12.2005.
Die 1975 geborene Klägerin leidet an dem Louis-Bar-Syndrom (Ataxia teleangiectatica). Sie hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 100% mit den Merkzeichen “B„, “G„, “aG„, "H" und ist in die Pflegestufe II der Pflegeversicherung eingestuft. Auch die Schwester der Klägerin leidet an dem Louis-Bar-Syndrom. Bei dem Louis-Bar-Syndrom handelt es sich um ...