Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versorgung eines körperbehinderten Jugendlichen mit einem Sportrollstuhl zur Ausübung von Behindertensport in einem Verein. keine Erweiterung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung durch das "Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen". Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ein körperbehinderter Jugendlicher hat keinen Anspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung auf einen Sportrollstuhl, den er allein zur Ausübung von Sport in einem Behindertensportclub benötigt.
2. Das "Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" erweitert die Pflichten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht.
Orientierungssatz
Diese rechtliche Beurteilung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 oder Art 3 Abs 3 S 2 GG.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 15.7.2009 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist ein Anspruch auf Versorgung mit einem Sportrollstuhl.
Der 1999 geborene Kläger leidet an einer spastischen Tetraplegie und besucht eine Körperbehindertenschule. Er ist von der Beklagten mit einem Aktivrollstuhl versorgt. Im Januar 2008 beantragte er die zusätzliche Versorgung mit einem Sportrollstuhl und legte hierzu einen Kostenvoranschlag in Höhe von 2.532,70 € vor. Zur Begründung machte er geltend: Seit 2007 betreibe er Sport bei den "R " des R R T . Dort habe er festgestellt, dass er mit einem Sportrollstuhl viel besser mit den anderen Kindern mithalten könnte. Für ihn sei es, als er mit einem ihm von einem anderen Kind ausgeliehenen Sportrollstuhl Sport getrieben habe, ein Erfolgserlebnis gewesen, nicht immer der Letzte zu sein. Ein Aktivrollstuhl bremse beim Rollstuhlbasketball die Geschwindigkeit ab und sei viel schwerer zu handhaben sei als ein Sportrollstuhl. Zudem sei das Unfallrisiko bei einem Sportrollstuhl geringer.
Die Beklagte lehnte die Gewährung des Sportrollstuhls durch Bescheid vom 8.2.2008 und Widerspruchsbescheid vom 12.6.2008 ab. Zur Begründung führte sie aus: Die mehrfache Ausstattung mit einem Hilfsmittel sei nur in einem Ausnahmefall möglich, der beim Kläger nicht gegeben sei. Der zusätzlich begehrte Sportrollstuhl betreffe kein Grundbedürfnis iSd Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Zu einem solchen zähle die Möglichkeit, ganz bestimmte Sportarten ausüben zu können, nicht (Hinweis auf Landessozialgericht - LSG - Nordrhein-Westfalen 22.6.2006 - L 5 KR 16/06).
Zur Begründung seiner am 8.7.2008 beim Sozialgericht (SG) Trier erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen: Der Rollstuhlsport trage auch zur Verbesserung der Körperfunktionen und zum Muskelaufbau bei. Er führe zu intensiven Herzkreislaufreizen und einer Verbesserung der lähmungsbedingt eingeschränkten Kreislaufsituation sowie der Blasen- und Nierenfunktion. Die intensiven Belastungsreize bewirkten ferner eine Steigerung der Hautdurchblutung und damit eine Reduzierung der Gefahr von Druckgeschwüren. Bei Kindern genüge für einen Anspruch auf Gewährung des Hilfsmittels durch die Krankenkasse, dass durch das begehrte Hilfsmittel die gleichberechtigte Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft wesentlich gefördert werde (Hinweis auf BSG 23.7.2002 - B 3 KR 3/02 R). Der Aktivrollstuhl mit starrem Rahmen, mit welchem er derzeit versorgt sei, könne bereits mangels entsprechenden Zubehörs nicht zu einem Sportrollstuhl umgebaut werden. Der beantragte Rollstuhl Allround Kid 2 biete demgegenüber das erforderliche Zubehör. Durch den Um- bzw Anbau eines Rammbügels, eines Speichenschutzes, eines Hand- und Fingerschutzes sowie eines Sicherheitsrades werde der Rollstuhl zu einem Sportrollstuhl. Es handele sich nicht um eine Zweitversorgung mit einem Hilfsmittel, weil der beantragte Rollstuhl ausschließlich zum Sport in der Halle genutzt werden könne. Der Kläger hat eine Bescheinigung der Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin Dr I vom November 2008 vorgelegt.
Das SG hat den Sport-Übungsleiter E. K als Zeugen vernommen. Dieser hat ua erklärt: Die meisten Kinder in dem Verein R T seien mit einem sportgeeigneten Rollstuhl versorgt. Soweit ihm bekannt sei, hätten in allen diesen Fällen die Krankenkassen die Kosten übernommen. Ein normaler Alltagsrollstuhl sei für die Sportausübung nicht gut geeignet. Außerdem sei dieser mit einem schnelleren Verschleiß und einer höheren Verletzungsgefahr verbunden.
Durch Urteil vom 15.7.2009 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, den Kläger mit einem "geeigneten Sportrollstuhl" zu versorgen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger benötige den begehrten Sportrollstuhl wegen eines Grundbedürfnisses, da dieser zu seiner sozialen Integration nötig sei (Hinweis auf BSG 16.4.1998...