Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftknoten für Transport von Behinderten. Krankenversicherung. Kostenübernahme eines Rollstuhlrückhaltesystems ≪Kraftknoten≫. Transport zur Schule
Leitsatz (amtlich)
Die Krankenkasse hat einem behinderten Menschen, der nur im Rollstuhl sitzend in einem Fahrzeug transportiert werden kann, einen Kraftknoten als Zubehör zu seinem Rollstuhl zu gewähren, sofern der Betroffene in wesentlichem Umfang Fahrten zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht absolvieren muss.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 10.7.2007 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist ein Anspruch auf Versorgung mit einem Rollstuhlrückhaltesystem für Behindertentransportkraftwagen (Kraftknoten).
Der am … 1990 geborene Kläger, bei der Beklagten familienversichert, ist mit einem Aktivrollstuhl und einem Elektrorollstuhl versorgt. Er besucht eine Sonderschule und wohnt in einem Schulinternat; die Kosten der Unterbringung trägt der zuständige Sozialhilfeträger. Zur Schule und zurück - insbesondere an Wochenenden - sowie zu Ärzten und Therapeuten wird er von der Firma Mietwagen T R und von der J -G E gefahren. Er kann nur im Rollstuhl sitzend transportiert werden, da er aufgrund seiner Behinderung eine spezielle Sitzschale benötigt.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten die Versorgung u.a. mit einem Kraftknoten (Kostenvoranschlag 476,37 € + 35,50 € zuzüglich Mehrwertsteuer) und legte hierfür eine ärztliche Verordnung vor. Bei dem Kraftknoten handelt es sich um ein Rückhaltesystem zur Sicherung des Rollstuhls bei der Beförderung mit einem Kraftfahrzeug. Der Kraftknoten besteht aus vier am widerstandsfähigen Rollstuhlrahmen verschraubten Schlosszungen (zwei vorne, zwei hinten), an denen sich die Gurtschlösser der Gurte des Rollstuhlrückhaltesystems einfach, schnell und verwechslungsfrei befestigen lassen. Das Kraftknotensystem, das seit dem 1.10.1999 in der DIN 75078-2 für den Transport von Personen in Rollstühlen in Behindertentransportkraftwagen vorgesehen ist, kontrolliert automatisch den richtigen Gurtverlauf des Personenrückhaltesystems.
Durch Bescheid vom 23.6.2005 und Widerspruchsbescheid vom 15.12.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung des Kraftknotens als Sachleistung ab und legte zur Begründung dar: Als Kfz-Zusatzgerät sei der Kraftknoten kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - 6.8.1998 - B 3 KR 3/97 R, SozR 3-2500 § 33 Nr. 29). Er diene vielmehr dem Ausgleich der Folgen einer Behinderung im beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Bereich. Im Übrigen müsse derjenige einen sicheren Transport gewährleisten, der die Behindertentransporte durchführe.
Am 20.12.2006 hat der Kläger Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte durch Urteil vom 10.7.2007 unter Abänderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, den Elektrorollstuhl des Klägers mit einem Kraftknoten auszustatten, und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe Anspruch auf Ausrüstung seines Elektrorollstuhls mit einem Kraftknoten. Vorliegend gehe es um einen Behinderungsausgleich nach § 33 Abs 1 Satz 1 3. Alternative Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 31 Abs 1 Nr. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Mittelbar die Organfunktionen ersetzende Mittel wie der Kraftknoten seien zwar nur dann als Hilfsmittel der Krankenversicherung anzusehen, wenn sie die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich, sondern im gesamten täglichen Leben beseitigten oder milderten und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens beträfen. Vorliegend gehe es indes um ein solches Grundbedürfnis. Insbesondere bei schulpflichtigen Kindern schließe der Lebensbereich, in dem ihnen die Fortbewegung mittels des Krankenfahrzeuges ermöglicht werden müsse, den Schulort ein (Hinweis auf BSG 2.8.1979 - 11 RK 7/78). Da sich der Kläger montags bis freitags in einem Internat befinde, sei ihm ein direkter Kontakt mit seinen Eltern in diesem Zeitraum verwehrt. Es sei in höchstem Maße sinnvoll und notwendig, einem im Zeitpunkt der Antragstellung 15jährigen Jungen den Kontakt zu seinen Eltern zu ermöglichen. Ein solcher Kontakt falle, ebenso wie ein Arztbesuch (Hinweis auf BSG 16.9.2004 - B 3 KR 19/03 R), in den Bereich der Grundbedürfnisse. Die Sicherstellung dieses Grundbedürfnisses des Klägers in Form des Transports zur Schule und der Aufrechterhaltung des Kontakts zu seinen Eltern sei nur mit Hilfe eines Behindertentransportkraftwagens möglich, in welchem der Kläger im eigenen Elektrorollstuhl sitzend befördert werde. Dieser Rollstuhl sei durch den Kraftknoten zu sichern. Zudem sei auch das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zu rechnen (Hinweis auf BSG...