Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Befreiung von der Versicherungspflicht. unschädliche Unterbrechung. Fortwirken des Befreiungsantrags nach Unterbrechung
Leitsatz (amtlich)
Ein Antrag auf Befreiung wirkt nach einer dreimonatigen Unterbrechung fort, wenn es sich um den gleichen Befreiungstatbestand handelt und dasselbe Beschäftigungsverhältnis in gleicher Weise fortgeführt wird.
Orientierungssatz
Die Zeitgrenze einer für die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 3 ALG unschädlichen Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit liegt bei zwei Monaten.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 21.3.2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 1.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.2.2005 insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit vom 1.2.2003 bis zum 30.9.2004 aufgehoben und für diesen Zeitraum einen Beitrag gefordert hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat der Klägerin 9/10 der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten sind die Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines Beitragsbescheides und die Nacherhebung von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Alterskasse.
Die Klägerin ist als Beamtin im Dienste des Landes Rheinland-Pfalz tätig. Mit Bescheid vom 6.10.1995 stellte die Beklagte bei ihr die Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse als Ehegattin eines Landwirts ab dem 1.1.1995 fest. Nach vorhergehender Befreiung von der Versicherungspflicht wegen Kindererziehung beantragte die Klägerin am 14.12.1998 die Befreiung wegen anderweitigen Arbeitsentgelts. Mit Bescheid vom 23.8.1999 stellte die Beklagte die Befreiung der Klägerin ab März 1998 fest, da deren Arbeitsentgelt die monatliche Bezugsgröße überschritten hatte. Dieser Bescheid enthielt ua folgenden Hinweis: “Einkommensänderungen sind der Landwirtschaftlichen Alterskasse anzuzeigen.„
Die Oberfinanzdirektion Koblenz teilte der Beklagten im August 2004 mit, die Klägerin sei vom 1.11.2002 bis zum 31.1.2003 in ihrer Beschäftigung beurlaubt gewesen und habe in dieser Zeit kein Arbeitsentgelt bezogen; das Arbeitsverhältnis sei in dieser Zeit unterbrochen gewesen. Die Beklagte informierte die Klägerin daraufhin (Schreiben vom 25.8.2004), in der Zeit vom 1.11.2002 bis zum 31.1.2003 habe diese nicht die Voraussetzungen der Befreiung von der Versicherungspflicht erfüllt; sie, die Beklagte, beabsichtige eine Beitragsnachforderung. Mit Schreiben vom 27.9.2004 erklärte die Klägerin der Beklagten, sie habe sich in dem genannten Zeitraum kurzfristig von ihrer Tätigkeit beurlauben lassen müssen, weil infolge des Todes ihrer Schwiegermutter die Betreuung ihrer Tochter nicht mehr sichergestellt gewesen sei. Durch Bescheid vom 1.10.2004 stellte die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht das Bestehen von Versicherungspflicht in der Zeit von November 2002 bis September 2004 fest und forderte von der Klägerin rückständige Beiträge von 4.559,-- €; ab dem 1.10.2004 wurde sie erneut von der Versicherungspflicht befreit. Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag (1.10.2004) lehnte die Beklagte eine Befreiung für die Zeit vom 1.11.2002 bis zum 30.9.2004 ab. Zur Begründung hieß es: Die Klägerin habe zwar ab dem 1.2.2003 wieder Einkommen oberhalb der maßgeblichen Einkommensgrenze erzielt. Sie habe jedoch den erforderlichen Befreiungsantrag verspätet gestellt.
Der Widerspruch der Klägerin gegen die beiden Bescheide wurde durch Widerspruchsbescheid vom 9.2.2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Befugnis zur Aufhebung der Befreiung für die Zeit ab dem 1.11.2002 folge aus § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Die Klägerin habe es versäumt, die ab dem 1.11.2002 eingetretene Änderung unverzüglich mitzuteilen. Aufgrund des erneuten Antrages vom 27.9.2004 habe erst ab dem 1.10.2004 wieder eine Befreiung von der Versicherungspflicht ausgesprochen werden können.
Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen am 9.3.2005 erhobene Klage durch Urteil vom 21.3.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die landwirtschaftlichen Alterskassen hätten die Befreiungsvoraussetzungen des § 3 Abs 1 Nr 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) nicht rückwirkend für einen abgelaufenen Zeitraum, sondern vorausschauend zu beurteilen. Die Beklagte gehe zutreffend davon aus, dass ein vorübergehendes Unterschreiten der Grenze von 1/7 der Bezugsgröße nur bei einer Dauer von bis zu zwei Monaten unschädlich sei. Denn die dahingehende Regelung des § 8 Abs 1 Nr 2 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) zeige einen sachlichen Ansatz für einen unschädlichen Unterbrechungszeitraum auf. Die im Dezember 2002 ausgezahlte Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) sei nicht auf den Monat Dezember 2002 zu beziehen, sondern auf diejeni...