Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über Zinsanspruch von Amts wegen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Versicherungsträger hat nach dem Wortlaut des § 44 SGB 1 über einen etwaigen Zinsanspruch des Leistungsempfängers auch ohne besonderen Antrag von Amts wegen zu entscheiden. Dies entspricht der Rechtsnatur der Zinsen als akzessorische Nebenleistung (Anschluss an BSG vom 11.9.1980 - 5 RJ 108/79).
2. Ein Versicherungsträger lehnt in einem Bescheid, der keine Entscheidung über einen Zinsanspruch enthält, die Gewährung von Zinsen mangels eines dahingehenden positiven Ausspruchs ab.
3. Enthält der Bescheid auch keinen Zusatz des Inhalts, dass über Zinsen noch gesondert entschieden werde, muss der Empfänger davon ausgehen, dass er keine Zinsen erhält, so dass ein Widerspruch erforderlich ist und Kosten hierfür übernommen werden müssen.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 15.4.2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides von 1.2.2007 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, eine Kostenerstattung für die durchgeführten Widerspruchsverfahren vorzunehmen.
2. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von außergerichtlichen Kosten, die der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für die Durchführung von Widerspruchsverfahren geltend macht.
Die Klägerin bezieht seit dem 9.8.1990 Witwenrente (Bescheid der Beklagten vom 22.8.1991). Am 7.11.2005 beantragte die Klägerin die Neufeststellung der gewährten Leistungen nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unter Berücksichtigung von geltend gemachten Ersatzzeiten. Daraufhin wurden Ersatzzeiten anerkannt und die Rente ab dem 1.1.2001 neu berechnet (Bescheid vom 14.2.2006). Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 21.2.2006 Widerspruch ein. Eine weitere Begründung erfolgte nicht. Die Rente der Klägerin wurde rückwirkend zum 1.1.2001 um einen Zuschlag erhöht (Bescheid vom 19.5.2006). Mit Schreiben vom 31.5.2006 erhob der Prozessbevollmächtigte Widerspruch und machte eine Verzinsung der Nachzahlung geltend. Diese erfolgte sodann mit Bescheiden vom 10.8.2006 und 14.8.2006. Auf Nachfrage erklärte der Prozessbevollmächtigte den erhobenen Widerspruch für erledigt und bezifferte seine Kosten auf jeweils 260 Euro, insgesamt 520 Euro (Abhilfebescheide vom 10.8.2006 und 14.8.2006).
Mit Bescheid vom 22.11.2006 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung ab. Mit den Bescheiden vom 10.8.2006 und 14.8.2006 sei die Nachzahlung aus den Bescheiden vom 14.2.2006 und 19.5.2006 verzinst worden. Diese Bescheide stellten keine Abhilfebescheide dar, da die Verzinsung erstmalig mit Schreiben vom 31.5.2006 beantragt worden sei. Es handele sich um eine Entscheidung im Verwaltungsverfahren, für das keine Kosten geltend gemacht werden könnten. Mit Widerspruchsbescheid vom 1.2.2007 wurde der dagegen erhobene Widerspruch des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.
Am 12.2.2007 ist die hiergegen erhobene Klage beim Sozialgericht Mainz eingegangen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihm Kosten für die Durchführung von Widerspruchsverfahren aufgrund der Abhilfebescheide vom 10.8.2006 und 14.8.2006 zustünden. Seine Mandantin habe davon ausgehen müssen, dass der Anspruch auf Verzinsung der Nachzahlung abgewiesen worden sei. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts habe der Versicherungsträger über einen etwaigen Zinsanspruch des Antragstellers auch ohne besonderen Antrag von Amts wegen zu entscheiden, weil Zinsen ihrer Natur nach eine akzessorische Leistung darstellten und zugleich mit der Hauptleistung zu zahlen seien. Da die Beklagte dem Zinsbegehren abgeholfen habe und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten erforderlich gewesen sei, sei der Widerspruch erforderlich und erfolgreich gewesen.
Die Beklagte hat erwidert, eine unterbliebene Verzinsung sei nicht mit einer Ablehnung gleichzusetzen, da das bloße Schweigen nicht als Ablehnung verstanden werden könne und es daher an einer Regelung fehle. Der Widerspruch sei daher unzulässig gewesen. Die Verzinsung in den Bescheiden vom 10.8.2006 und 14.8.2006 sei von Amts wegen erfolgt und daher nicht als Abhilfe zu werten.
Mit Urteil vom 15.4.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Gemäß § 63 SGB X seien Kosten des Vorverfahrens zu erstatten, soweit ein Widerspruch erfolgreich gewesen sei. Dies sei dann der Fall, wenn und soweit die Behörde zur Erfüllung des Widerspruchs dem Begehren des Widerspruchsführers abhelfe. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin stelle das Fehlen einer Entscheidung über die Verzinsung in den Bescheiden vom 14.2.2006 und 19.5.2006 keinen Verwaltungsakt dar, der mit Widerspruch angreifbar gewesen wäre. Eine Regelung über die Verzinsung, die mit Widerspruch anfechtbar sei, hätten diese Besche...