Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Regelleistung für Alleinstehende. Einkommensberücksichtigung. Unterhaltsanspruch. Absetzung von Beiträgen zur Kfz-Haftpflichtversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Elternteil, das ohne Partner mit einem volljährigen Kind zusammenlebt, ist allein stehend iS des § 20 Abs 2 S 1 SGB 2.
2. Ein Unterhaltsanspruch ist - zumindest im Regelfall - nur in der Höhe als Einkommen iS des § 11 SGB 2 anzurechnen, in der er tatsächlich zur Auszahlung kommt.
Orientierungssatz
Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung sind abzugsfähig iS des § 11 Abs 2 Nr 3 SGB 2. Beiträge zu notwendigen Versicherungen sind lediglich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen im betreffenden Zeitraum abzusetzen.
Nachgehend
Tatbestand
Umstritten ist ein Anspruch der Kläger auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der Zeit vom 1.12.2006 bis zum 16.3.2008.
Die 1965 geborene Klägerin zu 2 ist die Mutter der 1987 geborenen Klägerin zu 1 und des 1997 geborenen Klägers zu 3. Die Klägerin zu 1 besuchte eine Gesamtschule; der Kläger zu 3 ist ebenfalls Schüler. Der Vater der Klägerin zu 1 war aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung verpflichtet, der Klägerin zu 1 Unterhalt in Höhe von 381,-- € monatlich zu gewähren. Gegen diesen Anspruch rechnete er in Höhe eines Teilbetrages von 256,-- € monatlich mit einem Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens auf, welches er, die Schwester der Klägerin zu 1 sowie die Großmutter der Klägerin zu 1 dieser am 14.9.2006 zur Anschaffung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs gewährt hatten. Der Vater der Klägerin zu 1 zahlte der Klägerin zu 1 deshalb nur 125,-- € monatlich an Unterhalt aus. Der Vater des Klägers zu 3 erbrachte für diesen Unterhalt in Höhe von monatlich 247,-- €.
Der beigeladene Sozialhilfeträger gewährte der Klägerin zu 2, zugleich auch für den Kläger zu 3, Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bis einschließlich November 2006. Für die Zeit danach lehnte er Leistungen ab, da die Kläger eine Bedarfsgemeinschaft iSd § 7 SGB II bildeten und daher einen gegenüber dem Anspruch auf Sozialhilfe vorrangigen Anspruch nach dem SGB II hätten.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 14.12.2006 den am 28.11.2006 gestellten Antrag der Klägerin zu 1, dieser, der Klägerin zu 2 und dem Kläger zu 3 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, ab. Zur Begründung führte sie aus: Die Klägerin zu 1 sei nicht hilfebedürftig, da ihr Bedarf durch Kindesunterhalt und Kindergeld gedeckt sei. Die Beklagte legte dabei für die Klägerin zu 1 einen Regelsatz von 276,-- € sowie anteilige Unterkunftskosten von 160,-- € zugrunde. Das Gesamteinkommen der Klägerin zu 1 berechnete sie mit 505,-- € (Kindergeld 154,-- €; Kindesunterhalt 381,-- € abzüglich Versicherungspauschale von 30,-- €). Die “einkommensverbrauchenden Dispositionen„ - gemeint war der vom Vater der Klägerin zu 1 wegen der Aufrechnung mit dem Darlehensrückzahlungsanspruch nicht gezahlte Betrag von monatlich 256,-- € - seien nicht zu Gunsten der Klägerin zu 1 zu berücksichtigen, dh dieser Betrag sei als Einkommen der Klägerin zu 1 anrechnungsfähig. Die fehlende Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu 1 führe zur sachlichen Zuständigkeit der Beigeladenen für die Kläger zu 2 und 3, da die Klägerin zu 2 nicht erwerbsfähig sei.
Das Sozialgericht (SG) Koblenz verpflichtete durch Beschluss vom 21.12.2006 die Beklagte im Wege einer einstweiligen Anordnung, den Klägern ab dem 13.12.2006 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 402,-- € monatlich bis längstens 31.5.2007 zu gewähren. Die Beklagte erteilte "in Ausführung des Bescheides des SG" einen Bescheid vom 3.1.2007 über Leistungen für die Zeit vom 13.12.2006 bis zum 30.5.2007. Sie erbrachte zur Vermeidung einer weiteren einstweiligen Anordnung über diesen Zeitpunkt hinaus Leistungen (Bescheid vom 18.5.2007 für die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007, Bescheid vom 27.11.2007 für die Zeit vom 1.12.2007 bis 31.5.2008; vgl den Bescheid vom 14.11.2007 hinsichtlich Heiz- und Nebenkosten für das Jahr 2006).
Zur Begründung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 14.12.2006 trugen die Kläger ua vor: Nach § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II sei Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu 1 nicht erforderlich, um einen Anspruch gegen die Beklagte zugunsten der Kläger zu 2 und 3 zu begründen. Unabhängig davon sei die Klägerin zu 1 deshalb hilfebedürftig, weil sie lediglich 125,-- € monatlich anstelle des vereinbarten Unterhalts von 381,-- € monatlich von ihrem Vater erhalte. Sie habe das Darlehen zu einem Zeitpunkt aufgenommen, als sie noch keine Leistungen nach dem SGB II erhalten und auch nicht beabsichtigt habe, solche zu beantragen. Weiterhin sei der Beitrag zur Kfz-Versicherung, der von ihrem Vater nicht übernommen worden sei, in Höhe von 61,78 € monatlich zu berücksichtigen. Der Klägerin zu 2 stehe als Hauptleistungsberechtigter eine Regelleistung von 345,-- € monatlich z...