Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Abrechnung mehrerer postoperativer Behandlungskomplexe bei mehrfachen ambulanten Operationen
Leitsatz (amtlich)
Der Abrechnungsausschluss nach der Präambel 31.4.1 Nr 2 EBM-Ä greift nicht ein, wenn innerhalb von 21 Tagen nach einer ersten ambulanten Operation aufgrund einer weiteren Operation mehrfach Leistungen des postoperativen Behandlungskomplexes abgerechnet werden.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 13.09.2017 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren über die sachlich-rechnerische Richtigstellung postoperativer Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 31719 und 31725 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM-Ä) nach ambulanten Operationen, die innerhalb der ersten 21 Tage nach einer zuvor erfolgten ersten ambulanten Operation (mit Ansatz eines postoperativen Behandlungskomplexes) erfolgten; streitig ist ein Betrag von 226,68 €.
Die Klägerin, eine aus den Augenärzten Dr. A S und C S bestehende Berufsausübungsgemeinschaft, nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung in Andernach im Bezirk der Beklagten teil. Mit Bescheiden vom 06.11.2012 und 22.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2014 nahm die Beklagte u.a. folgende Streichungen im Rahmen sachlich-rechnerischer Korrektur der Honorarabrechnung für das Quartal 3/2012 vor:
(1) Streichung der GOP 31351, 31503 und 91330 EBM-Ä im Fall des Patienten R K , da ein Abrechnungsausschluss nach Nr 8 der Präambel zum Abschnitt 31.2 bestehe,
(2) Streichung der GOP 31719
- im Fall des Patienten K J , da die Leistung ausschließlich vom 1. bis 21. Tag nach erfolgter Operation berechnungsfähig sei,
- im Fall der Patienten H D , M F k, R K , D Q und I B , da in einem Zeitraum vom 1. bis zum 21. postoperativen Tag nur einmalig ein Behandlungskomplex des Abschnitts 31.4 abgerechnet werden könne,
(3) Streichung der GOP 31725 im Fall der Patientin M S , M S und G H , da in einem Zeitraum vom 1. bis zum 21. postoperativen Tag nur einmalig ein Behandlungskomplex des Abschnitts 31.4 abgerechnet werden könne,
(4) Streichung der GOP 33000 im Fall der Patientin M L , da ein Abrechnungsausschluss nach Nr 8 der Präambel zum Abschnitt 31.2 bestehe.
Am 27.05.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mainz (SG) erhoben und zur Begründung geltend gemacht: im Fall des Patienten R K seien Kataraktoperationen am rechten Auge am 02.07.2012 und am linken Auge am 04.07.2012 wegen dessen Herzerkrankung und Marcumar-Einnahme aus medizinischen Gründen kurz hintereinander erfolgt, weshalb der Abrechnungsausschluss nach Nr 8 der Präambel 31.2.2 nicht eingreife. In den weiteren Behandlungsfällen seien jeweils nicht nur eine, sondern zwei Operationen an verschiedenen Tagen durchgeführt worden. Die zweite Operation habe jeweils im Zeitraum von 21 Tagen nach der ersten Operation gelegen, der Ansatz der gestrichenen GOP 31719 bzw 31725 habe sich jeweils auf die zweite Operation bezogen. Hierauf sei der Ausschluss auf Grund der Bestimmung nach Nr 2 der Präambel 31.04.1 nach Sinn, Zweck und Systematik der Regelung nicht anwendbar. Die Leistungslegenden der GOP 31600 EBM-Ä bezögen sich jeweils auf eine spezifische Operation. Im Fall von zwei aufeinander folgenden Operationen, bei denen es sich zudem nicht um Revisionsoperationen handele, falle die postoperative Nachsorge bei jeder Operation gesondert an. Im Fall der Patientin M L sei eine Netzhautkontrolle vor der Laseroperation unbedingt notwendig gewesen, um eine Netzhautablösung auszuschließen. In diesem Fall sei bei systematischer und teleologischer Auslegung der Nr 8 der Präambel 31.2.1 eine gesonderte Abrechnung möglich.
Die Beklagte hat eingewandt, im Fall des Patienten R K habe es die Klägerin versäumt, in ihrer Abrechnung die entsprechenden Diagnosen und Kodes einzugeben, die im Ausnahmefall die Abrechnung einer zweiten Operation innerhalb von drei Tagen ermöglichten. Die Streichungen der GOP 31719 und 31725 entsprächen den Vorgaben des EBM-Ä. Bei zeitnah erbrachten Mehrfacheingriffen könne innerhalb der Laufzeit der postoperativen Komplexe von 21 Tagen nur ein Komplex ambulant behandelt werden. Reiche die Nachbetreuung über die 21-Tage-Frist des Ersteingriffs hinaus, könne ein zweiter Komplex zur Abrechnung gebracht werden. Aus der Systematik des EBM-Ä lasse sich nicht ableiten, dass grundsätzlich zu jeder Operation ein postoperativer Behandlungskomplex anzusetzen sei. Da der Wortlaut der Regelung eindeutig sei, bestehe kein Raum für eine Auslegung. Dies gelte auch hinsichtlich der Absetzung der GOP 33000 EBM-Ä im Behandlungsfall der Patientin M
In der mündlichen Verhandlung des SG vom 13.09.2017 hat die Beklagte den Anspruch der Klägeri...