Entscheidungsstichwort (Thema)
Transferkurzarbeitergeld. Unvermeidbarkeit des dauerhaften Arbeitsausfalls. Kurzarbeit Null. Gewährung von Erholungsurlaub
Leitsatz (amtlich)
Während der Inanspruchnahme von Transfer-Kurzarbeitergeld kann ein Arbeitgeber einen dauerhaften Arbeitsausfall bei Anordnung von Kurzarbeit "Null" nicht dadurch vermeiden, dass den betroffenen Arbeitnehmern Urlaub gewährt wird.
Orientierungssatz
1. Unvermeidbar ist ein dauerhafter Arbeitsausfall iS von § 216b Abs 1 Nr 1 und Abs 2 SGB 3, wenn im Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern, wobei ein Arbeitausfall wegen einer Betriebsänderung grundsätzlich unvermeidbar ist.
2. Für den Zeitraum der Einführung der Kurzarbeit Null besteht keine Arbeitspflicht. Diese ist aber zwingende Voraussetzung für die Gewährung von Erholungsurlaub (vgl BAG vom 16.12.2008 - 9 AZR 164/08 = NZA 2009, 689).
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 08.10.2008 - S 9 AL 192/06 - wird zurückgewiesen. Es wird klargestellt, dass sich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Transfer-Kurzarbeitergeld für den Monat Dezember 2005 auf die zwölf im Antragsschreiben vom 22.12.2005 näher bezeichneten Arbeitnehmer bezieht.
2. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Transfer-Kurzarbeitergeld (Transfer-Kug) für den Monat Dezember 2005 für 12 im Antragsschreiben vom 22.12.2005 näher bezeichneten Arbeitnehmer.
Im Januar 2005 wurde die Klägerin durch die Fa. H GmbH & Co. KG, die in Folge eines Umsatzrückganges 21,3 % Personal abbauen musste, mit der Durchführung von Transfer-Maßnahmen beauftragt. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden unter Beendigung der bisherigen Arbeitsverhältnisse und Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin ab dem 15.01.2005 bis zum 14.01.2006 übernommen. Vereinbart war jeweils Kurzarbeit "Null". Einen Urlaubsanspruch sah die vertragliche Vereinbarung nicht vor.
Mit Schreiben vom 15.01.2005 zeigte die Klägerin der Beklagten den Arbeitsausfall in einer betrieblichen Einheit an. Vor dem Wechsel in die Transfer-Gesellschaft der Klägerin hatten die betroffenen Arbeitnehmer an einer Profiling-Maßnahme teilgenommen.
Durch Bescheid vom 18.04.2005 bewilligte die Beklagte Transfer-Kug dem Grunde nach. In der Folgezeit bewilligte sie durch Bescheide vom 17.05.2005, 02.06.2005, 11.07.2005, 15.08.2005, 07.09.2005, 12.10.2005, 17.11.2005 und 14.12.2005 Transfer-Kug für die Monate Januar bis November 2005 in der jeweils geltend gemachten Höhe.
Mit Schreiben vom 22.12.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Transfer-Kug für im Antrag näher bezeichnete 12 Arbeitnehmer für den Monat Dezember 2005 iHv insgesamt 11.597,45 €.
Im Rahmen einer Prüfung der Klägerin durch die Beklagte am 30.03.2006 wurde als einzige Beanstandung aufgeführt, dass in der gesamten Maßnahme kein Urlaub gewährt wurde. Die Klägerin wurde zu dem festgestellten Mangel angehört.
Nachdem die Klägerin eine Liste der durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen mit Schreiben vom 18.04.2006 vorgelegt hatte, lehnte die Beklagte die Gewährung von Transfer-Kug für den Monat Dezember durch Bescheid vom 05.05.2006 ab. Ein Anspruch auf Transfer-Kug bestehe nur, wenn ein unvermeidbarer Arbeitsausfall vorliege. Unvermeidbar (gemeint ist: vermeidbar) sei ein Arbeitsausfall, der bei Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden könne. Im ganzen Jahr 2005 sei kein Urlaub gewährt worden, wobei durch solchen der konkrete Arbeitsausfall hätte verhindert werden können.
Ein mit Schreiben vom 11.05.2006 eingelegter Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 07.06.2006 zurückgewiesen.
Auf die am 12.06.2006 beim Sozialgericht Koblenz (SG) erhobene Klage hat dieses die Beklagte durch Urteil vom 08.10.2008 verpflichtet, der Klägerin für den Monat Dezember 2005 Transfer-Kug in gesetzlicher Höhe zu leisten. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin sei § 216b Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Bei diesem Anspruch handele es sich zwar um einen solchen der Arbeitnehmer, gemäß § 323 Abs. 2 SGB III sei die Klägerin jedoch antragsberechtigt und im Klageverfahren berechtigt, in Prozessstandschaft für ihre Arbeitnehmer aufzutreten. Dies gelte auch für das Transfer-Kug als Sonderform des Kug. Die Voraussetzungen des § 216b SGB III seien erfüllt, wobei der Streit der Beteiligten sich nur noch auf die Frage richte, ob der Arbeitsausfall unvermeidbar iSd § 216b Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen sei. Dies sei der Fall. Unvermeidbar sei ein Arbeitsausfall, wenn im Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden seien, um den Eintritt des Arbeitsausfalles zu verhindern. Allerdings sei ein Arbeitsausfall wegen einer Betriebsänderung regelmäßig unvermeidbar. Dab...